Kinderaerzte-im-Netz.at

Ihre Fachärzte von der Geburt bis zum vollendeten 18. Lebensjahr

Herausgeber:

Impfbeginn mit 18 Monaten

Anfrage (gekürzt): Impfbeginn mit 18 Monaten?

Antwort: Ich werde versuchen, auf Ihre Erfahrungen und Bedenken einzugehen und die Fragen umfassend zu beantworten. Sollten Unklarheiten übrig bleiben, bitte ich um Rückfrage. Ich verstehe die Verunsicherung, weil Sie offenbar ein Impfgegnerseminar besucht haben. Dort werden alle Impfungen abgelehnt und als unwirksam und sogar schädlich abgelehnt. Ich habe selbst versucht, dort zu diskutieren, mir wurde das Wort entzogen und ich wurde ausgebuht.

Darum freue ich mich, dass Sie jetzt sich auch woanders informieren wollen. Nun zu Ihrer ersten Sorge: Noch so klein und schon impfen? Mit dem Moment der Geburt muss das Neugeborene den bis dahin sicheren und keimfreien Mutterleib verlassen. Es muss sich sofort und mit immer wieder neuen Mikroorganismen (Bakterien, Viren, Pilzen) tagtäglich mehrmals auseinandersetzen, darunter können, neben einer harmlosen oder sogar erwünschten Besiedelung von Haut, Atemwegen und Verdauungstrakt, auch Krankheitserreger sein. Dagegen muss der Säugling von der Natur gerüstet sein.

Das ist er durch ein besonders aktives Immunsystem. Das sehr rasch und wirksam gegen schädliche Einflüsse reagieren kann. Viel besser als im späteren Leben, wo viele Gefahren schon bestanden sind und gänzlich neue, völlig unbekannte Krankheitserreger immer seltener auftreten. Zwar bekommt das Kind noch im Mutterleib über die Plazenta (Mutterkuchen) Abwehrstoffe gegen Krankheiten mit, mit denen sich die Mutter auseinandersetzen musste, aber die verschwinden nach wenigen Wochen und mit der Muttermilch kann nur ein relativ guter Schutz für den Magendarmtrakt, aber keinesfalls ein Schutz für Erkrankungen z.B. der Atemwege erfolgen.

Natürlich wächst ein Säugling normalerweise relativ gut behütet in der Familie auf, er besucht ja noch keine Disco aber die Betreuungspersonen können, ohne es zu wissen und ohne selbst schwer zu erkranken, für das junge Kind gefährliche Mikroorganismen heimbringen und so eine schwere Krankheit auslösen. Das muss zwar nicht passieren, aber, im Fall des Falles, ist das früh geimpfte Kind vor Schaden geschützt. Der Schutz durch eine regelrecht durchgeführte Impfung ist gleich gut, wie das Durchleiden einer Infektionskrankheit bei neuerlichem Kontakt vor einer Wiedererkrankung schützt. Nur daß der Impfling keine Krankheit erleiden muss, weil eine Impfung, in der Regel, schlimmstenfalls eine vorübergehende Unpässlichkeit, sicher aber keine Dauerfolgen hinterlässt.

Die Impfungen die für junge Säuglinge empfohlen werden erhalten ja keine Krankheiterreger, die sich vermehren und Schaden anrichten könnten, sondern nur jene Teile des Erregers, die das Abwehrsystem als gefährlich und deshalb als zu bekämpfen erkennt. Weil bei so einer " inaktivierten " Impfung aber nur eine geringe und eine sich nicht vermehrende Menge von Antigen (= Fremdstoff, der eine Abwehrstoffbildung auslöst) eingebracht wird, so reicht eine einmalige Gabe eines solchen Impfstoffes nicht aus, um genügend schützende Abwehrstoffe zu bilden. Daher muß bei Verwendung eines derartigen Impfstoffes die Gabe mehrmals wiederholt werden. Weil eine unnotwendig häufige Gabe eine Belästigung wäre und unnötige Kosten verursachen würde, anderseits zuwenig Gaben möglicherweise keinen Schutz bieten könnten, wird für jeden zugelassenen und angewendeten Impfstoff ermittelt, wie oft und in welchem Abstand die einzelnen Gaben erfolgen sollen.

Dabei hat sich das Schema der sogenannten " Grundimmunisierung " als Optimum herausgestellt. Dabei erfolgt die erste Gabe am Tag 0, die zweite Gabe nach 1 (bis 3) Monat und die dritte Gabe nach (6 bis) 12 Monaten. Damit kann je nach Impfstoff ein verläßlicher Schutz von 3 Jahren (Beispiel Hepatitis B) bis zu 10 Jahren (Beispiel Diphtherie, Tetanus) und noch länger (Hepatitis A) erreicht werden. Nur wenn im Säuglingsalter (im ersten Lebensjahr) mit der Impfung begonnen wird, sind zum notwendigem raschen Schutzaufbau 3 Teilimpfungen im Abstand von je 4 bis 8 Wochen notwendig und danach eine vierte Teilimpfung nach einem Jahr.

Wenn also im Säuglingsalter begonnen wird, so ist zwar eine Teilimpfung mehr erforderlich, dafür ist aber ein früherer Schutz ( besonders wichtig gegen den für Säuglinge besonders gefährlichen Keuchhusten und die " HIB " - Erkrankung = lebensbedrohliche Infektion durch das Bakterium Haemophilus influenzae vom Typ B ) Diese Schutzwirkung ist durch Bestimmung der Menge der gebildeten Abwehrstoffe nachweisbar und stimmt mit dem tatsächlich vorhandenen Schutz überein. Glücklicherweise hat Ihr Kind die ersten 18 Monate ohne schwere Infektionskrankheit überstanden, jetzt gilt die allgemein gültige Empfehlung "jede versäumte Impfung sollte zum frühest möglichen Zeitpunkt nachgeholt werden".

Für Ihre Tochter empfehle ich in der Reihenfolge der Dringlichkeit als erstes die Grundimmunisierung mit dem 6-fach Impfstoff, (Schema Tag 0, nach 1 Monat und nach 12 Monaten) wegen der Gefährlichkeit des Keuchhustens und der HIB - Infektion in diesem Alter. Sie baut zusätzlich den Schutz vor Diphtherie, Tetanus, Kinderlähmung und Hepatitis B auf. Dazu die konjugierte Mehrfachimpfung gegen Pneumokokken. Die Impfungen können gleichzeitig erfolgen oder in einem Intervall, zweckmäßigerweise von 2 Wochen. Die gleichzeitige Gabe hat den Vorteil des geringeren Aufwandes, ohne daß deswegen eine stärkere unerwünschte Reaktion wahrscheinlich wird. Als nächstes ist eine zweimalige Masern/Mumps/Rötelnimpfung im Mindestabstand von 6 bis 8 Wochen notwendig. Sollte aber in der Umgebung ein Masernfall auftreten ist diese Impfung absolut vorzuziehen, sie könnte auch gleichzeitig mit den anderen Impfung gegeben werden, allerdings, da die Impfungen nicht gemischt werden dürfen, wären 3 Stiche in einer Sitzung sicher ein zu großer Stress.

Die bei Aufenthalt in der freien Natur bei uns (in ganz Österreich, besonders aber in der Steiermark) notwendige FSME-Impfung, könnte auf Grund der schon fortgeschrittenen Jahreszeit auf Beginn mit Feber/März nächsten Jahres aufgeschoben werden.

Allgemein verwendbare Tips für die Vorbereitung des Kindes zur Impfung sind sehr schwer zu geben. Das Besprechen mit Hilfe von Bildern, mit einem Stofftier kann da hilfreich sein. Wichtig ist daß die Eltern selbst keine Angst vor dem Stich haben bzw. zeigen. Für das Kind ist sicher das Festgehalten werden der größere Streß als der Schmerz durch den Stich. Keinesfalls darf man das Kind anschwindeln und sagen du spürst eh nichts. Es gibt alle Varianten, manche Kinder wollen zuschauen, andere sich an die Mutti kuscheln. Wirklich ablenken gelingt kaum, wichtig ist das Lob nach überstandener Prozedur. Durchaus nicht nur mit Worten.

Für das Kind wird eine der Mutter selbst oft gar nicht bewußte Angst vor dem Stich instinktiv zum größten Problem. Es fühlt dann eine besondere Schutzbedürftigkeit, die die Mutter zu diesem Zeitpunkt nicht geben kann. Sie sehen, daß es leider kein allgemein gültiges Rezept zu Streßvermeidung bei Impfungen gibt, sie sind trotzdem notwendig und sehr wichtig.

Diether Spork
Billrothgasse 23a
8010 Graz
Tel.: ++43 (0)316 354565
E-Mail: diether.spork@a1.net