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"Vogelgrippe" und Gippeimpfung

© photophonie - Fotolia.com
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Anfrage: Ist schon bekannt, wann es eine Impfung für eine etwaige Pandemie (Grippe - Vogelgrippe) gibt? Kann man dann Kinder auch ohne Sorge impfen lassen?

Antwort: Verschiedene Grippeviren unterscheiden sich durch 2 wesentliche, für ihre Verbreitungsfähigkeit und für ihre krankmachenden Eigenschaften verantwortliche Merkmale: Die Hämagglutinine, kurz HA bzw. H bisher von H1 bis H15 bei Vögeln nachgewiesen, sie sind verantwortlich für die Ansteckungsfähigkeit der Viren innerhalb einer Spezies (Tierart, wie Vögel oder Schweine bzw. Mensch) und die Neuramidasen, sie sind mehr für den Krankheitsverlauf verantwortlich, kurz N benannt, bisher wurde von N1 bis N7 differenziert. Diese Merkmale (H und N) fungieren als sogenannte Antigene. das heißt, unser Immunsystem erkennt sie als zu bekämpfende Fremdstoffe, gegen die Abwehrmaßnahmen ergriffen werden müssen. Solche Antigene lösen, zur Abwehr, die Bildung von Antikörpern aus. Sind genug Antikörper vorhanden, können durch sie die Vermehrung der Erreger im befallenen Organismus verhindert und damit durch den sich sonst unbehindert vermehrenden Erreger ausgelöste Krankheitssymptome vermieden werden. Diese Antigene sind in den jeweiligen Impfstoffen enthalten, die nach den zu erwartenden, für eine menschliche Infektionskette geeigneten Grippeviren nach Bedarf immer wieder neu zusammengesetzt werden.

Reservoir für diese unterschiedlichen HA-Untergruppen sind vor allem Wasservögel, die selbst aber wenig daran erkranken, wogegen z.B. Hühner, aber auch Zugvögel daran sehr schwer erkranken und sogar mehrheitlich daran verenden können.

Die Verbreitung von Mensch zu Mensch ist bisher nur Viren mit den Antigenen H 1, H 2 und H3 gelungen. Diese Eigenschaften waren, als sie neu aufgetreten sind, verantwortlich für die großen Grippe-Pandemien. H1 für die Pandemie 1918, H2 für 1957 und H3 für 1968.

Die in Ostasien unter dem Geflügel wütende "Vogelgrippe" hat die Merkmale H5N1. Sie hat aber bisher nur in Ausnahmefällen, bei besonders engem Kontakt mit erkrankten Tieren, auch Menschen befallen. Dann aber war der Verlauf, wohl wegen der für Menschen neuartigen Zusammensetzung, besonders bösartig und mit einer hohen Sterblichkeit behaftet. Glücklicherweise wurde bisher dieses H5N1-Virus nicht von Mensch zu Mensch übertragen. Wenn sich das Virus aber in diese Richtung mutieren (verändern) sollte, dann muss mit einer Pandemie gerechnet werden.

Solche Mutationen erfolgen am ehesten in Regionen, in denen Menschen, Wasservögel und Schweine auf engem Raum zusammenleben. Dort ist ein reger Austausch zwischen den unterschiedlichen, jeweils für eine bestimmte Spezies angepassten Viren besonders gut möglich.

Das Hausschwein ist einTier, in dem sich sowohl Vogelgrippeviren als auch menschliche Grippeviren wohlfühlen und vermehren. Bei so einer gleichzeitigen Infektion eines Schweines mit den beiden Virusarten kann es zu neuartigen Mischungen von "H-" und "N-"Untertypen kommen, die dann eine neue Pandemie beim Menschen auslösen können.

So wird die Entstehung der bisherigen 3 Pandemien erklärt. Ausgangspunkt waren immer die dicht besiedelten Gebiete Ostasiens. Dort erfolgen auch die immer wieder beobachteten kleineren Veränderungen der antigenen Eigenschaften der Grippeviren, die sogenannte Antigendrift. Als Antigenshift wird der Wechsel von H- oder N-Eigenschaften (von H1 bis H15, bzw. N1 bis N7) bezeichnet. Die Antigendrift ist die Ursache, weshalb der Grippeimpfstoff fast jährlich neu angepasst werden muss. Von der WHO wird die Zusammensetzung der aktuellen Grippeviren an ihrem Entstehungsort, in Ostasien, genau beobachtet und danach die Zusammensetzung der Impfstoffe vorgeschlagen. Dann dauert es noch etwa 3 Monate, bis von dem entsprechenden Impfstoff ausreichend verfügbar ist. Bisher hat die Zeit immer gereicht, dass in den Industrieländern der nördlichen Halbkugel bis zu Beginn der Grippesaison genügend Impfstoff bereitstand.
Ein Problem bei der Vogelgrippe (H5N1) könnte ihre Aggressivität gegenüber Hühnern sein, weil die Vermehrung der zur Impfstoffherstellung notwendigen Virusmengen bisher hauptsächlich auf angebrüteten Hühnereiern erfolgt. Und wenn das Virus für Hühner gefährlich ist, könnte es auch Hühnereier schädigen.

Daraus ergeben sich, im Falle eines neu auftretenden Antigenshifts, Probleme der rechtzeitigen Verfügbarkeit von ausreichenden Impfstoffmengen.

Diese ausführliche Beschreibung der Zusammenhänge beim Entstehen von Grippepandemien und deren möglichen Folgen sollen die Wichtigkeit von Abwehrstrategien dokumentieren. Eine weitere Möglichkeit zur Bekämpfung der Grippeviren, außer der vorbeugenden Impfung, ist der Einsatz von sogenannten Neuramidasehemmern. Wie schon der Name sagt, hemmen diese Medikamente die für die Vermehrung der Viren wichtigen Neuramidasen. Ihr Nachteil ist, dass sie nur kurzfristig wirksam sind, ihre Bereitstellung sehr teuer ist und dass sie nur beschränkt haltbar und lagerfähig sind. Auch Kinder kann, ja sollte, man ohne Sorge gegen Influenza (der korrekte wissenschaftliche Name für die "echte" Virusgrippe) impfen. Die Bezeichnung Influenza dient der Unterscheidung vom so häufigen, zwar unangenehmen, aber nicht gefährlichen "grippalen Infekt".

Allerdings sollten Kinder bis zum 8. Lebensjahr zweimal im Abstand von mindestens 1 Monat und Kinder unter 3 Jahren mit der halben Dosis geimpft werden.

Kinder sind ja einer Ansteckung (Kindergarten, Schule) besonders ausgesetzt. Sie erkranken zwar in der Regel nicht lebensbedrohlich, wie ältere oder chronisch kranke Menschen, aber auch für Kinder ist die Influenza eine unangenehme, belastende, schwere Erkrankung. Außerdem tragen sie, durch ihre vielfältigen Kontakte, besonders viel für die Verbreitung der Influenza in der Bevölkerung bei. Und sie bringen die Erkrankung nach Hause, in ihre Familien und gefährden so ungeimpfte, im Haushalt lebende durch das Influenzavirus besonders gefährdete chronisch kranke oder ältere Personen.
Damit hoffe ich, unter Verwendung von möglichst wenig "Fachchinesisch " Ihre Fragen beantwortet zu haben.

Diether Spork
Billrothgasse 23a
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E-Mail: diether.spork@noSpam.a1.net