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Ihre Fachärzte von der Geburt bis zum vollendeten 18. Lebensjahr

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Infektanfälligkeit

Ich habe das Gefühl, dass mein zweijähriger Sohn von einer starken Verkühlung in die nächste schlittert und eigentlich immer entweder Husten oder Schnupfen hat. Ist das normal?

Nach Ihren Angaben weiß ich leider nicht, wie oft pro Jahr Ihr Sohn tatsächlich an einem Infekt erkrankt.

Aber ich kann Sie beruhigen, denn die „Infektanfälligkeit" der Kinder ist an sich etwas ganz Normales, und man geht davon aus, dass durchschnittlich acht unkomplizierte Atemwegs-Infektionen pro Jahr in den ersten zwei Lebensjahren als normal angesehen werden.

Dies ist deshalb so, weil im Säuglings- und Kindesalter die Infektionsabwehr deutlich anders ist im Vergleich zu jener der Erwachsenen. Neugeborene kommen mit einem sogenannten „Nestschutz" zur Welt, der durch die von der Mutter über die Plazenta (Mutterkuchen) übertragenen Antikörper aufrechterhalten wird. So ist das Kind für die ersten sechs bis 12 Lebensmonate vor vielen Infektionen geschützt.

Wenn allerdings diese „Leih-Immunität" nachlässt, muss mit den ersten Infektionen gerechnet werden. Durch den „Erstkontakt" mit vielen in unserer Umwelt vorkommenden Krankheitserregern kommt es in diesem Alter daher häufig zu Infektionserkrankungen, zumal die Kinder auch beginnen, Kinderkrippen und Kindergärten zu besuchen. Altersbedingte anatomische Besonderheiten, wie etwa die Enge der Atemwege und der „Eustachischen Röhre" zwischen Mittelohr und Rachen, begünstigen mitunter ebenfalls das Entstehen von Infektionskrankheiten.

Das, was Sie als „Schnupfen" und „Husten" bezeichnen, ist eigentlich einer von vielen immunologischen Abwehrprozessen, die den Körper vor schädlichen Einflüssen durch Viren, Bakterien, Pilze oder Parasiten schützen sollen.

Man unterscheidet grob zwei unterschiedliche Abwehrmechanismen. Zum einen das „angeborene bzw. natürliche" Immunsystem, mit dem das Kind bereits geboren wird, und das speziell in der Haut und in den Schleimhäuten zu finden ist, und zum anderen das „erworbene" Immunsystem. Dieses System entwickelt sich erst durch die Auseinandersetzung mit der Umwelt und reift erst durch den Kontakt mit Viren, Bakterien oder Pilzen zu seiner endgültigen Schutzfunktion heran.

Ich empfehle Ihnen daher, einen Kinderarzt Ihres Vertrauens aufzusuchen, der in jedem Bedarfsfalle eine gewissenhafte Beurteilung vornimmt, mit dem Ziel, nur dann eine antibiotische Therapie zu verordnen, wenn die Infektion bakterieller Natur ist.
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Dieser Artikel wurde bereits als Pressetext in der Kategorie "Die Ganze Woche - Österreichs Kinder- und JugendärztInnen beantworten Leserfragen" publiziert.

Primar Univ.-Prof. Dr. Wilhelm Kaulfersch
Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde
Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde, LKH Klagenfurt