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Ertrinken: Eine der häufigsten Todesursachen bei Kindern bis zum 14. Lebensjahr

Eltern müssen kleine Kinder in der Nähe von und im Wasser in Reichweite beobachten, dürfen die Schwimmfähigkeit größerer Kinder nicht überschätzen und sollten frühzeitig für Schwimmunterricht sorgen.

Ertrinken zählt zu den häufigsten Todesursachen für Kinder bis zum 14. Lebensjahr in Österreich. Bei Kindern bis zu fünf Jahren ist es sogar Unfall-Todesursache Nummer 1. Sowohl bei den kleinen Kindern als auch bei den Jugendlichen ertrinken mehr Buben als Mädchen. Zu diesem Ergebnis kommt eine Auswertung des Forschungszentrums für Kinderunfälle im Österreichischen Komitee für Unfallverhütung im Kindesalter, in die u.a. die Daten der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde in Graz und des LKH Hochsteiermark Leoben einflossen. „Wo statistisch gesehen das Risiko am größten ist, hängt vom Alter der Kinder ab: Kleinkinder ertrinken meist zuhause, Grundschulkinder im Schwimmbad und Jugendliche eher in Seen oder Flüssen“, beschreibt Prim.Univ.-Prof.Dr. Reinhold Kerbl, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) sowie Vorstand der Abteilung für Kinder und Jugendliche im Landeskrankenhaus Hochsteiermark in Leoben, die Ergebnisse. Ein langer, heißer Sommer begünstigt das Unfallrisiko.

Für Kleinkinder reichen wenige Zentimeter Wasser, um zu ertrinken

Die meisten Ertrinkungsunfälle mit Kleinkindern ereignen sich nicht, weil Eltern nicht in der Nähe von ihren Kindern sind, sondern weil sie zwar anwesend, aber für einen kurzen Moment unaufmerksam sind - weil sie mit anderen reden, lesen, essen oder auf das Handy schauen bzw. telefonieren. Bereits wenige Sekunden reichen für ein Kind, um unterzugehen. Gelangen Kinder mit dem Gesicht unter Wasser, kann dies eine Art Schockreaktion auslösen: die Kehlkopfmuskulatur verkrampft sich dann und macht die Atmung unmöglich – es kommt zum sogenannten ‚trockenen Ertrinken‘“, erklärt der Experte.

Schulkinder nicht alleine schwimmen lassen

Haben Kinder einen Schwimmkurs absolviert, heißt das noch lange nicht, dass sie sichere Schwimmer sind, insbesondere wenn sie in Panik geraten. Schulkinder schwimmen überwiegend in öffentlichen Schwimmbädern und verunglücken deshalb dort auch am häufigsten. Eltern dürfen nicht davon ausgehen, dass ein Bademeister jedes einzelne Kind immer im Auge behalten kann. Besser ist es deshalb, Kinder nicht alleine schwimmen zu lassen und selbst immer wieder den Blick über den Pool schweifen zu lassen. „Kinder können beispielsweise auch aufgrund einer Kreislaufschwäche ohne jeden Laut untergehen – sogenanntes ‚stilles Ertrinken‘“, warnt Prim.Univ.-Prof.Dr. Reinhold Kerbl.

Folgende Tipps sollen helfen, die Unfallgefahr zu reduzieren:

  • Insbesondere Kinder, die noch nicht schwimmen können, sollten in der Nähe von Wasser ständig beaufsichtigt werden und Schwimmhilfen tragen.
  • Eltern sollten mit ihren Kindern sichere Gewässer bevorzugen (Meere und viele Seen haben teilweise starke Strömungen).
  • Glatte Steine und Bewuchs (z. B. Schlingpflanzen) können gefährlich sein.
  • Schwimmhilfen sind hilfreich, garantieren aber die Sicherheit nicht.
  • Kinder sollten nie überhitzt oder mit vollem Magen ins Wasser.
  • Wenn Kinder ins Wasser springen wollen, muss die Tiefe bekannt sein und es dürfen keine anderen Badegäste in der Nähe sein.
  • Bei Wasserrutschen sollten Kinder auf genügend Abstand achten und immer gleich nach dem Eintauchen wegschwimmen.
  • Bei Gewitter im Freien muss das Wasser sofort verlassen werden.

Jugendliche überschätzen ihr Können

Teenager neigen insbesondere in der Gruppe zu Risikobereitschaft und unüberlegten Handlungen, während sie ihre eigenen Fähigkeiten überschätzen. „Nehmen sie dann noch Alkohol und Drogen ein, ist das Risiko für tödliche Unfälle im Wasser besonders groß“, gibt Univ.-Professor Kerbl zu bedenken. Tödliche Unfälle bei dieser Altersgruppe ereignen sich vorwiegend in natürlichen Gewässern. Hier erschweren Strömungen, Pflanzen und schlechte Sicht die Auffindbarkeit und die Rettungsversuche.
Der „Fokusreport 2018“ des Vereins „Große schützen Kleine“ weist darauf hin, dass insgesamt glücklicherweise die Ertrinkungsunfälle eine abnehmende Tendenz zeigen (Statistik Austria 1970: 247, 1990: 117, 2010 43 und 2018 25 ertrunkene Personen). Es sollte aber nicht vergessen werden, dass auf einen tödlichen Unfall fünf „Beinahe-Ertrinkungsunfälle“ kommen. Diese können in schweren Fällen aufgrund des Sauerstoffmangels Spätschäden nach sich ziehen, dabei handelt es sich meist um Funktionsstörungen des Gehirns, die sich u.a. in spastischen Lähmungen, schweren Schluckstörungen und anderen Behinderungen manifestieren.

Zwar sehr selten, aber dennoch gefährlich ist das sogenannte „sekundäre Ertrinken“: Gelangt Wasser in die Lunge, z.B. durch versehentliches Einatmen von Wasser, können Entzündungen, Schwellungen oder andere Lungenschäden die Folge sein. Das kann bis 24 Stunden nach einem Wasserunfall zu lebensbedrohlichen Atemproblemen führen („Ertrinken im Schlaf“).

Quellen: Fokusreport 2018 – Ertrinken von Kindern in Österreich, Gesundheit.GV.at, Statistik Austria
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Dies ist eine Pressemeldung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Der Abdruck dieser Pressemeldung oder von Teilen des Artikels ist unter folgender Quellenangabe möglich: www.kinderaerzte-im-netz.at. Bei Veröffentlichung in Online-Medien muss die Quellenangabe auf diese Startseite oder auf eine Unterseite des ÖGKJ-Elternportals verlinken. Fotos und Abbildungen dürfen grundsätzlich nicht übernommen werden.