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FSME-Impfung ("Zeckenimpfung")

© Smileus - Fotolia.com
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Anfrage: Unser Sohn Leon wurde am 13.8.2005 geboren und hat bisher auch alle vorgeschlagenen Impfungen gut vertragen. Seine Kinderärztin hat nun mit der nächsten MKP-Untersuchung Ende März auch die Zeckenimpfung vorgeschlagen. Ist es mit 7 1/2 Monaten zu früh oder ist in Graz - Liebenau doch die Impfung so wichtig? Da die Impfzeit ja bis Juni gilt und der Schutz erst ab der zweiten Teilimpfung gewährleistet ist, sind wir nun sehr verunsichert! Im Magistrat Graz bekam ich die Auskunft, dass Kinder nur auf Anfrage mit 9 Monaten die Impfung bekommen würden, aber eher erst ab 1 Jahr! Es würde sehr hilfreich sein, wenn Sie uns bei dieser Entscheidung etwas helfen könnten!

Antwort: Die FSME-Impfung ("Zeckenschutzimpfung") ist eine sogenannte Indikationsimpfung, das heißt, sie wird für Personen (unabhängig vom Alter) empfohlen, die der Möglichkeit ausgesetzt sind, von einer mit dem FSME-Virus infizierten Zecke gestochen zu werden.

Wir hier, im Raum Graz, wie im gesamten Süden Österreichs, sind ein Hochrisikogebiet. Das heißt, bei uns sind besonders viele Zecken infiziertund die Wahrscheinlichkeit, bei einem Zeckenstich von einer infizierten Zecke "erwischt" zu werden, ist besonders groß.

Die Möglichkeit, von einer Zecke gestochen zu werden, hängt sehr vom Lebensstil ab. Wer seine 4 Wände nicht verlässt, läuft nicht in Gefahr, von einer Zecke gestochen zu werden. Das wäre aber keine empfehlenswerte Vorsorge. Auch Auswandern oder ständiger Aufenthalt in Bergregionen, wo Zecken nicht überleben können, ist keine Lösung. Ebensowenig ist die ständige Verwendung von Repellentien (insektenabwehrende chemische Stoffe) oder Schutzkleidung bei Freiluftaktivitäten sinnvoll. Also bleibt nur die Schutzimpfung!

Für Österreich gilt die allgemeine Impfempfehlung gegen FSME ab dem ersten Lebensjahr. Es wird angenommen, dass sich Säuglinge nicht selbständig in der freien Natur bewegen oder sich längere Zeit, z.B. auf einer Decke, in der Wiese leicht bekleidet aufhalten.

Zecken sind nicht vorwiegend Waldbewohner, sondern sie warten im Buschwerk, auf Gräsern auf mögliche Opfer zur Blutmahlzeit, Nahrungsaufnahme. Der Mensch ist nur ein willkommener Zufallswirt. Hauptwirte sind Kleinsäuger im Buschwerk und Feld, speziell mäuseartige Nager und Insektivoren. Diese Kleinsäugetiere erkranken selbst nicht, dienen aber der Virusvermehrung und als Virusreservoir. An ihnen infizieren sich Larve, Nymphe und Imago (erwachsene, zur Eiablage befähigte Zecke) anlässlich der Blutmahlzeit, die sie zum Übertritt in das nächste Stadium benötigen. Einmal infizierte Individuen geben die Infektion an ihre Nachkommen weiter.

Wenn also eine Familie sich mit ihren Säugling/Kleinkind viel in der freien Natur aufhält, einen eigenen Garten in einem Endemiegebiet (ein Gebiet, in dem infizierte Zecken leben) besitzt, so ist eine FSME-Infektion auch im Säuglingsalter möglich. So ist z.B. vor einigen Jahren ein 3 Monate alter Säugling nach einem Zeckenstich im Süden der Steiermark schwer an einer FSME erkrankt.

Aus diesem Grund wird in solchen Hochrisikogebieten, bei entsprechendem Lebensstil der Familie, die FSME-Impfung schon ab dem 7. Lebensmonat empfohlen.

Die Impfung wird auch in diesem Alter gut vertragen und ist wirksam.

Für die Festsetzung des Impfbeginnes ist durchaus der Zeitpunkt der Geburt im Jahreszyklus von Bedeutung: Ein Kind, das zu Jahresbeginn geboren wurde, kommt erst gegen Ende des Sommers in das impffähige Alter, wird sich frühestens im Herbst locker bekleidet in der freien Natur aufhalten. Obwohl auch in den Herbstmonaten FSME-Erkrankungen auftreten, ist diese kurze Zeit doch relativ leicht durch Infektionsvorbeugung zu überbrücken.

Wenn aber ein Kind, wie Ihr Leon, im Hochsommer geboren wurde, so steht nach dem 6. Lebensmonat noch das gesamte neue "Zecken(infektions)jahr " vor ihm. Wenn Sie jetzt mit der FSME-Impfung beginnen, so können Sie Ihren Leon die gesamte schöne Jahreszeit unbesorgt (bezüglich einer FSME-Gefährdung) in der freien Natur, auch in Graz - Liebenau, herumtollen lassen.
Dass im Magistrat Graz erst später mit der Impfung begonnen wird, hängt wohl damit zusammen, dass in einem Amt nicht die gleiche individuelle Beratung wie durch Ihre Kinderärztin möglich ist. Mein Rat lautet also: bei Ihren Leon nach Vollendung des 6. Lebensmonates mit der FSME-Impfung zu beginnen und damit einen, zumindest bezüglich FSME, unbesorgten Sommer in der freien Natur in der Steiermark zu genießen.

Diether Spork
Billrothgasse 23a
8010 Graz
Tel.: ++43 (0)316 354565
E-Mail: diether.spork@a1.net