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Bewegung und Sport in der Kindheit stärken die psychische Gesundheit längerfristig

Dass Bewegung und Sport sich nicht nur bei Erwachsenen, sondern auch bei Kindern und Jugendlichen positiv auf psychische Gesundheit auswirken, konnte aktuell wieder eine irische Studie belegen. Demnach verringert körperliche Aktivität in der Kindheit sogar längerfristig bis ins junge Erwachsenenalter das Risiko für depressive Symptome und Depressionen.

© Mikkel Bigandt - Fotolia.com

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Eine umfangreiche chinesische Studie bestätigt, dass auch bei bestehender Depressivität Sport die Beschwerden bei Heranwachsenden reduzieren kann. „Gerade vor dem Hintergrund einer wachsenden Zahl von jungen Menschen mit psychischen Problemen kann dieser Effekt wichtig sein. Maßnahmen, die die körperliche Aktivität in der Kindheit fördern, könnten Kinder mit psychischen Problemen unterstützen und depressiven Symptomen in zukünftigen Lebensphasen vorbeugen“, kommentiert Prim. Univ.-Prof. Dr. Reinhold Kerbl, Generalsekretär der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ).
Die Forscher*innen von Belfast und Coleraine beobachteten, dass sich depressive Störungen am häufigsten im jungen Erwachsenenalter mit etwa 19,5 Jahren voll ausprägen, aber sich die Symptome schon bis zu 5 Jahre vor der Diagnose entwickeln können. Dies verdeutlicht die Notwendigkeit, früh Gegenmaßnahmen zu ergreifen. Ein beeinflussbarer Faktor, der der irischen Studie zufolge durchweg mit depressiven Symptomen in Verbindung gebracht werden konnte, ist körperliche Aktivität. Kinder, die früh im Leben am aktivsten sind, bewegen sich auch im Erwachsenenalter mehr. Dies gilt, obwohl körperliche Aktivität im Allgemeinen mit zunehmendem Alter tendenziell abnimmt.

Insbesondere Mädchen neigen zu wenig Bewegung und psychischen Problemen

Mädchen tendieren mehreren Untersuchungen zufolge dazu, wenig körperlich aktiv zu sein und depressive Symptome zu entwickeln, insbesondere wenn sie übergewichtig sind. Wenig Bewegung kann Übergewicht begünstigen und mehr Gewicht erschwert wiederum sportliche Aktivitäten – ein Teufelskreis.
Warum körperliche Aktivität Depressionen und andere psychische Probleme lindern kann, ist noch nicht vollständig geklärt. Erfolg im Sport kann das Selbstvertrauen stärken und in der Folge zu einer Abnahme depressiver Symptome führen. Die sozialen Beziehungen, die sich aus der regelmäßigen Teilnahme an sportlichen Aktivitäten ergeben, können sich positiv auf die psychische Gesundheit auswirken. Eine Theorie geht davon aus, dass regelmäßige körperliche Aktivität die Funktion der Hypothalamus-Hypophysen-Nebennierenrinden-Achse verbessert, die „Stressregulations-Achse“. „Körperliche Aktivität senkt den Spiegel der Stresshormone Cortisol und Adrenalin. Der Körper produziert Endorphine - „Glückshormone“ -, die Stress und Schmerzen lindern und die Stimmung aufhellen“, beschreibt Prim. Univ.-Prof. Dr. Kerbl, der die Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde am LKH Hochsteiermark in Leoben leite, die Hypothese.

Zunahme der Depressionen und Angststörungen bei Heranwachsenden infolge Coronapandemie

Mit der Coronapandemie hat die Häufigkeit von Angststörungen und Depressionen bei Kindern und Jugendlichen weltweit zugenommen. In Österreich zeichnet sich eine ähnliche Entwicklung ab. Der Anteil an Heranwachsenden, die Psychopharmaka und Antipsychotika erhalten, ist deutlich gestiegen. „Wenn eine medikamentöse Behandlung und/oder Therapie erforderlich sein sollte, kann Bewegung die Therapie unterstützen. Insbesondere aerobe Sportarten bzw. Ausdauersportarten wie Radfahren, Mannschaftssportarten und Spazierengehen/Laufen im Freien haben sich als besonders wirksam erwiesen. Kinder und Jugendliche im Alter von 5 bis 17 Jahren sollten sich täglich mindestens 60 Minuten moderat bis intensiv bewegen“, empfiehlt Prim. Univ.-Prof. Dr. Kerbl.

Anzeichen erkennen

Falls Eltern unsicher sind, ob ihr Kind bzw. ihr Jugendlicher depressiv ist, sollten sie mit dem Kinder- und Jugendarzt / der Kinder- und Jugendärztin oder einer Fachärztin / einem Facharzt darüber sprechen. Ihr/ihm stehen spezielle Fragebögen und Techniken zur Verfügung, um mit Kindern und Jugendlichen altersgerecht über Gefühle zu sprechen.

Mögliche Anzeichen für eine Depression sind

  • Kind/Jugendlicher verbringt viel Zeit alleine und interessiert sich nicht mehr für seine Freunde
  • Kind/Jugendlicher hat Probleme beim Ein- oder Durchschlafen oder schläft ungewöhnlich viel
  • Kind/Jugendlicher hat mehr Schwierigkeiten als gewöhnlich, sich zu konzentrieren oder Entscheidungen zu treffen
  • Schwierigkeiten oder Versagen in der Schule
  • Kind/Jugendlicher verliert Gewicht oder nimmt zu
  • Kind/Jugendlicher spricht weniger und nimmt weniger Augenkontakt auf als gewöhnlich
  • Kind/Jugendlicher verbringt mehr Zeit mit der Nutzung von Medien
  • Kind/Jugendlicher zeigt weniger Energie oder Motivation als üblich
  • Kind weint häufiger oder erwähnt, dass es traurig ist, sich wertlos oder schuldig fühlt
  • Jugendlicher hat kein Interesse mehr an Körperpflege oder Aussehen
  • Jugendlicher konsumiert Drogen


Quellen: Monatsschr KinderheilkdEur J Public Health., Child Adolesc Psychiatry Ment Health., AAP, Eur Child Adolesc Psychiatry (1, 2), Int J Environ Res Public Health., Cureus, J Affect Disord., Br J Sports Med.

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Dies ist eine Pressemeldung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Der Abdruck dieser Pressemeldung oder von Teilen des Artikels ist unter folgender Quellenangabe möglich: www.kinderaerzte-im-netz.at. Bei Veröffentlichung in Online-Medien muss die Quellenangabe auf diese Startseite oder auf eine Unterseite des ÖGKJ-Elternportals verlinken. Fotos und Abbildungen dürfen grundsätzlich nicht übernommen werden.