Dazu gehört, dass das vierbeinige Familienmitglied beim Fressen und Schlafen nicht gestört werden darf. Wenn der Hund etwas im Maul hat, sollte das Kind nicht versuchen, es gewaltsam wegzunehmen – auch wenn es das geliebte Spielzeug ist“, erklärt Ass. Prof.in Dr.in Gudrun Burda, die ab Oktober die Arbeitsgruppe Kindernotfallmedizin der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) leitet. Denn bei Bissverletzungen sind Kinder häufig die Opfer und der Angreifer der Familienhund oder ein bekannter Hund. Weltweit hat die Zahl der Hundebissverletzungen und Verletzungen im Zusammenhang mit Hunden zugenommen, insbesondere während der Coronapandemie.
Aufmerksame und wachsame Aufsicht erforderlich
Kinder sollten nie mit einem Hund alleine gelassen werden. Ein im Umgang mit Hunden Erfahrener sollte beide aufmerksam beobachten. Leider garantiert die bloße Anwesenheit eines Erwachsenen nicht, dass es zu keinem „Bissunfall“ kommt.
Das Kind erkennt die Stimmung eines Hundes erst mit zunehmendem Alter und Erfahrung. Besonders Kleinkinder neigen dazu, aggressive Äußerungen eines Hundes freundlicher einzuschätzen, als sie eigentlich sind.
Erst ab etwa sechs bis acht Jahren ist ein Kind fähig, eine aggressive, ängstliche oder abwehrende Haltung eines Hundes richtig zu erkennen. Dies bestätigt ganz aktuell wieder eine in der Fachzeitschrift „PLOS One“ veröffentlichte Studie, an der die Universität Wien beteiligt war.
Hundekauf: Jüngstes Kind sollte idealerweise bereits Schulkind sein
Der Verein Große schützen Kleine empfiehlt, mit Anschaffung eines Hundes zu warten, bis das jüngste Kind das Schulalter erreicht hat. Dies habe auch den Vorteil, dass der Hund weniger Schwierigkeiten mit der Rangordnung hat. Kleine Kinder sind besonders anfällig für Hundebisse, da sie sich einem Hund gegenüber unberechenbar verhalten und ihm Angst machen können. Ihr Gesicht befindet sich meist auf gleicher Höhe mit dem Gebiss des Hundes, sodass sie vorwiegend von Gesichts- und Halsverletzungen betroffen sind. Ältere Kinder erleiden eher Bisswunden an Armen und Beinen. Statistisch gesehen sind Buben eher gefährdet, von einem Hund gebissen zu werden, als Mädchen. Am Wochenende und im Sommer ereignen sich mehr Unfälle mit Hunden als in der kalten Jahreszeit.
„Viele Faktoren beeinflussen das Risiko von Hundebissverletzungen, nicht nur die Aufsichtspflicht und das Alter des Kindes, sondern auch gesetzliche Vorgaben (Leinen/Beißkorbpflicht) und der Hund selbst. Bevor Familien sich für einen Hund entscheiden, sollten sie sich vorab über das Verhalten der verschiedenen Rassen informieren und eine für ihre Familie geeignete auswählen. Der Einfluss von Zucht, Sozialisation, Training und früher Welpen-Erfahrung darf nicht außer Acht gelassen werden“, gibt Ass. Prof.in Dr.in Burda, die auch als Fachärztin in der Pädiatrischen Intensivstation (PICU) an der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde Wien tätig ist, zu bedenken.
Verhaltenstraining und Schulung der ganzen Familie kann schwere Verletzungen verringern
Dass die Schulung von Grundschulkindern im richtigen Verhalten gegenüber Hunden schwere Bissverletzungen verringern kann, konnte ein seit 2008 andauerndes Präventionsprogramm in Graz zeigen. Den Kindern wird u.a. eingeprägt, dass sie den Hundebesitzer vor einer Annäherung an den Hund um Erlaubnis fragen, Blickkontakt vermeiden und sich langsam und leise in der Nähe von Hunden bewegen sollten. Außerdem soll der Hund vor dem Berühren an der Hand schnüffeln dürfen.
Studien weisen darauf hin, dass Hundebesitzer oft wenig informiert sind über das Verhalten von Hunden und wenig Situationsbewusstsein haben, wann Kinder in Gefahr sind.-Deshalb sollten auch Eltern sich entsprechend schulen lassen, wenn ein Hund in die Familie kommt.
Expertinnen und Experten sind sich einig, dass jeder Hund beißen kann, auch wenn er dies bisher noch nicht getan hat und unabhängig davon, ob er die Hundeschule besucht hat oder mit Kindern sozialisiert wurde. Zwar ist es wichtig, Kindern beizubringen, wie sie sich in Gegenwart von Hunden verhalten sollen, aber das Vermeiden von Unfällen mit Hunden hängt noch mehr von der elterlichen Aufsicht und vor allem vom Wissen der Eltern um die Risiken ab.
Im Falle eines Bisses
Wenn das Kind von einem Hund gebissen wurde, sollte das Kind in jedem Fall zum Kinder- und Jugendarzt oder in die Ambulanz einer Klinik gebracht werden. Wenn die Wunde nicht stark blutet, können Eltern sie unter fließendem Wasser reinigen und anschließend mit Hautdesinfektionsmittel desinfizieren. Größere Wunden sollten wenn möglich mit einer sterilen Auflage bzw. Mullkompressen bedeckt werden. „Jede Bissverletzung kann nicht nur mit einer Hautverletzung verbunden sein, sondern auch mit einer Gewebequetschung unter den sichtbaren äußeren Wunden. Zudem übertragen Hunde mit ihrem Speichel Keime. Bei schweren Verletzungen, extremen Schmerzen, Sichtbarkeit des darunter liegenden Muskels oder Knochens oder Schwierigkeiten, die gebissene Gliedmaße zu bewegen, muss ein Kind rasch ins Krankenhaus. Bei Bisswunden z.B. am Kopf und Hals gilt es, den Notarzt zu rufen“, so Ass. Prof.in Dr.in Burda, die auch in Notarztkursen unterrichtet und für ARC (Austrian Resuscitation Council- Österreichischer Rat für Wiederbelebung) und ERC (European Resuscitation Council) Kindernotfallkurse (European Pediatric Advanced Life Support) leitet und organisiert.
Der Verein „Große schützen Kleine“ gibt wichtige Tipps im Umgang mit Hunden und anderen Haustieren.
Quellen
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Dies ist eine Pressemeldung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Der Abdruck dieser Pressemeldung oder von Teilen des Artikels ist unter folgender Quellenangabe möglich: www.kinderaerzte-im-netz.at. Bei Veröffentlichung in Online-Medien muss die Quellenangabe auf diese Startseite oder auf eine Unterseite des ÖGKJ-Elternportals verlinken. Fotos und Abbildungen dürfen grundsätzlich nicht übernommen werden.