Eine Appendizitis kann in jedem Lebensalter auftreten, etwa ein Drittel der Erkrankten ist noch nicht volljährig. Besonders häufig ist die Erkrankung im Schulkind- und Jugendalter, also zwischen dem 10. und 14. Lebensjahr. In einigen Studien wurde eine saisonale Zunahme der Fälle in den Sommermonaten (Mai bis Oktober) beobachtet.
Bei starken Bauchschmerzen immer zur Kinder- und Jugendärztin / zum Kinder- und Jugendarzt
Hat ein Kind starke Bauchschmerzen, sollten Eltern immer die Kinder- und Jugendärztin / den Kinder- und Jugendarzt aufsuchen. „Die Beschwerden können bei einer Blinddarmentzündung variieren und sind insbesondere bei kleinen Kindern oft nicht eindeutig. Auch die individuelle Lage des Wurmfortsatzes beeinflusst die Schmerzen. Durch Befragung, Abtasten und mittels Bluttests grenzt die Pädiaterin / der Pädiater mögliche Ursachen ein. Eine Ultraschalluntersuchung, letztlich auch eine zusätzliche Magnetresonanztomografie können weitere Hinweise geben“, erklärt Ao.Univ.-Prof.in Dr.in Hauer von der Univ.-Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde in Graz. Um andere Krankheiten auszuschließen, sind möglicherweise weitere Untersuchungen erforderlich. So kann die Ärztin / der Arzt evtl. den Harn untersuchen lassen, um zu überprüfen, ob ein Harnwegsinfekt oder eine Nierenerkrankung vorliegt.
Bei einer Appendizitis entzündet sich der etwa daumengroße Wurmfortsatz (Appendix). Er geht aus dem Blinddarm hervor und befindet sich im rechten Unterbauch am Übergang vom Dünndarm zum Dickdarm. Die Ursachen einer Blinddarmentzündung sind noch nicht vollständig geklärt. Die dünne Form dieses Abschnitts begünstigt jedoch, dass sich dort verdickter Kot ansammeln kann, bzw. dass der Abtransport durch Kotsteine oder Fremdkörper wie Kerne oder durch eine Abknickung des Fortsatzes erschwert oder sogar unmöglich ist. Diese Faktoren, aber auch eine Infektion innerhalb dieses Darmbereiches können zu einer raschen Vermehrung von Keimen führen.
Für die Häufung von akuten Blinddarmentzündungen in den Sommermonaten gibt es ebenso wenig eine abschließende Erklärung. Vermutlich stehen bestimmte Infektionen damit im Zusammenhang.
Blinddarmdurchbruch durch rasche Behandlung vermeiden
In den meisten Fällen ist bei einer akuten Blinddarmentzündung eine Operation erforderlich, die i.d.R. minimal-invasiv vorgenommen wird. In seltenen, unkomplizierten Fällen kann auch eine Antibiotikatherapie ausreichen.
Hat sich durch die Entzündung vermehrt Sekret gebildet, übt dies aufgrund des begrenzten Raumes verstärkt Druck aus, bis Gewebe abstirbt, nachgibt und durchlässig wird. Es gelangt Eiter in die Bauchhöhle. Dies kann innerhalb von 24 Stunden geschehen und ist ein Notfall, da Komplikationen bis hin zur Sepsis (Blutvergiftung) drohen. Expert*innen sprechen dann von einem Blinddarmdurchbruch bzw. einer komplizierten Appendizitis. Das Risiko ist bei zu langem Abwarten und bei kleinen Kindern erhöht. „Bei einem Blinddarmdurchbruch lassen die Schmerzen kurzfristig nach und täuschen eine Besserung vor, da sich der Druck auf das Gewebe verringert, so Ao.Univ.-Prof.in Dr.in Hauer, die u.a. auch Mitglied der renommierten European Society for Paediatric Gastroenterology, Hepatology and Nutrition (ESPGHAN) ist.
Auf die vorübergehende Linderung hin folgen meist wieder starke Schmerzen, die sich über den gesamten Bauchraum ausbreiten.
Studien legen nahe, dass bestimmte Erreger besonders häufig mit einer Blinddarmentzündung in Verbindung stehen und dass das Vorliegen von mehr als einer Erregerart bzw. bestimmte Keime eine schwere Entzündung und Komplikationen begünstigen.
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