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Familiäre Hypercholesterinämie – genetisch bedingte Fettstoffwechselstörung: Kaum Beschwerden, doch langfristig ohne Behandlung schwerwiegende Folgen

Am 24. September ist der Familiäre Hypercholesterinämie(FH)-Tag. Familiäre Hypercholesterinämie (FH) ist die häufigste genetische Stoffwechselerkrankung. FH verursacht einen zu hohen Cholesterinspiegel von Kindheit an. Betroffene Kinder haben meist keine Beschwerden, so bleibt die FH oft lange unbemerkt.

„Cholesterin ist vor allem in tierischen Nahrungsmitteln vorhanden wie Milchprodukten, Eiern oder Fleisch und wird im Körper verstoffwechselt. Bei der FH ist die Aufnahme insbesondere von LDL-Cholesterin (bekannt als „schlechtes Cholesterin“) in die Organe gestört und sammelt sich im Blut an. Folglich lagert es sich in den Gefäßwänden ab und kann zu frühzeitigen Herzinfarkten und Schlaganfällen führen“, erklärt Univ.-Prof.in Dr.in Susanne Greber-Platzer, MBA, die die Klinikleitung der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der Medizinischen Universität Wien innehat und dort auch Leiterin des Spezialbereichs Adipositas und Fettstoffwechselstörungen im Kindesalter ist.

Studien konnten zeigen, dass sich bereits ab dem Alter von 8 bis 10 Jahren bei Betroffenen ohne Behandlung Gefäßveränderungen nachweisen lassen. „Da FH genetisch bedingt ist, ist sie eine familiäre Erkrankung. Wenn ein naher Verwandter früh einen Herzinfarkt - Männer vor 55 und Frauen vor 60 Jahren - erlitten hat, ist dies ein Hinweis, dass in der Familie möglicherweise eine Veranlagung für diese Fettstoffwechselstörung vorhanden ist. Hier ist ganz klar eine Untersuchung auf Blutfette bei allen Verwandten indiziert, insbesondere auch bei den Kindern, um bereits präventiv die Erkrankung behandeln zu können“, rät Univ.-Prof.in Dr.in Greber-Platzer, MBA, die auch Mitglied der Arbeitsgruppe (Angeborene) Stoffwechselstörungen der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) ist. Verwandte ersten Grades von Betroffenen, d.h. Eltern, Geschwister, Kinder, haben ein 50%-iges Risiko, ebenso betroffen zu sein. Manchmal können Sehnenverdickungen durch Fetteinlagerung (Sehnenxanthome) oder orange-gelblich erhabene Einlagerungen in der Haut (Xanthome) bzw. auch um die Augen (Xanthelasmen) als Warnzeichen für die Erkrankung zu finden sein.

Frühe Diagnose und Behandlung kann Leben verlängern

Die European Society of Cardiology (ESC) hat bereits 2022 darauf hingewiesen, dass ein Screening auf FH bei Kindern dringend nötig ist, da es der Gesundheit der ganzen Familie dient. Jedes Kind mit FH hat mindestens einen Elternteil und auch Geschwister mit FH. In Europa leben über eine halbe Millionen Kinder und zwei Millionen Erwachsene mit dieser Krankheit. Bisher erhalten nur etwa 5% der Kinder und ein kleiner Anteil der Erwachsenen die Diagnose und könnten so von der lebensrettenden Behandlung profitieren. Etwa die Hälfte der Männer mit einer unbehandelten FH erleiden einen Herzinfarkt bis zu einem Alter von etwa 50 Jahren und etwa ein Drittel der Frauen mit FH trifft ein Herzinfarkt bis zu einem Alter von etwa 60 Jahren.
Im Editorial in der aktuellen Augustausgabe der Zeitschrift der European Society of Cardiology „European Journal of Preventive Cardiology“ kommen die Autor*innen zu dem Schluss, dass es am effektivsten wäre, alle Kinder zwischen 1 und 2 Jahren auf zu hohe Cholesterinwerte hin zu untersuchen und bei Bedarf mit genetischen Tests die Diagnose zu bestätigen. Bei Betroffenen sollten dann auch die Eltern und nahen Verwandten gescreent werden (Kaskadenscreening), um zu klären, ob sie ebenso FH-Patient*innen sind. Denn Interventionen gegen die schädlichen Auswirkungen von Fettstoffwechselstörungen (Dyslipidämien) sind besonders in der Kindheit und Jugend wirksam und können evtl. das Risiko einer Herzerkrankung im späteren Leben verhindern.

FH kann bereits in jungen Jahren mit wenig Aufwand erkannt werden. Ein einfacher Bluttest zeigt erhöhte Blutfettwerte an. Genetische Tests können bei Vorliegen einer Veränderung an den FH assoziierten Genen die Diagnose bestätigen. Es muss aber darauf hingewiesen werden, dass auch ohne den genetischen Nachweis die Diagnose aufgrund der hohen LDL-Cholesterinwerte gestellt wird.

Wenn bei einem Kind FH diagnostiziert wird, sind neben Medikamenten eine gesunde, fettreduzierte Ernährung, Bewegung und ein Rauchverzicht lebenslang wichtig. FH-Patient*innen sollten möglichst wenig tierische Fette, dafür als Alternative pflanzliche Öle mit hohem Gehalt an ungesättigten Fettsäuren, z.B. Rapsöl, verwenden. Es ist jedoch klar zu kommunizieren, dass eine Ernährungsumstellung allein meist nicht genügt, um eine ausreichende Cholesterinsenkung zu erzielen und langfristig das Risiko für Herz-Kreislauf-Probleme deutlich zu reduzieren“, ergänzt Univ.-Prof.in Dr.in Greber-Platzer, MBA.

Etwa einer unter 250-300 Menschen ist von einer Familiären Hypercholesterinämie betroffen, was ca. 30.000 Patient*innen in Österreich entspricht.

In Österreich werden Volksschulkinder der 1. Klassen im Rahmen der FHkids-Studie, einer Initiative der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendheilkunde der Medizinischen Universität Wien, eingeladen bei hohem FH-Risiko in der Familie ihre Blutfette in den zentralen Kinderabteilungen messen zu lassen.
Die Österreichische Atherosklerosegesellschaft hat zudem ein FH-Register (https://aas.at/fh-register-2/) eingerichtet. Ein Register ist erforderlich, um Personen mit Familiärer Hypercholesterinämie sowie deren Verlauf zu erfassen und möglichst alle Betroffenen einer Familie zu finden.

Quellen:

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Dies ist eine Pressemeldung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Der Abdruck dieser Pressemeldung oder von Teilen des Artikels ist unter folgender Quellenangabe möglich: www.kinderaerzte-im-netz.at. Bei Veröffentlichung in Online-Medien muss die Quellenangabe auf diese Startseite oder auf eine Unterseite des ÖGKJ-Elternportals verlinken. Fotos und Abbildungen dürfen grundsätzlich nicht übernommen werden.