Kostenlose Influenzaimpfung für alle
Mitte Oktober bis November ist das ideale Zeitfenster für eine Grippeimpfung, sie kann aber auch noch in der Influenzasaison erfolgen. Dieses Jahr ist sie für alle kostenlos. „Jeder sollte sich gegen Influenza impfen lassen, da sie bei Menschen jeden Alters auch ohne Vorerkrankung schwer oder sogar tödlich verlaufen kann. Dass Kinder eine Immunisierung erhalten, ist in zweifacher Hinsicht von Bedeutung: einmal für die eigene Gesundheit und dann für den Schutz von gefährdeten Familienmitgliedern wie Oma und Opa oder von chronisch kranken Angehörigen. Denn Kinder sind die Hauptüberträger der Influenzaviren. Sie scheiden mehr Viren über einen längeren Zeitraum als Erwachsene aus, sie haben viele Kontakte in Gemeinschaftseinrichtungen und vergessen oft das Händewaschen“, erklärt Priv.-Doz. Dr. Hans Jürgen Dornbusch, Leiter des Referates Impfkommission der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Eine Modellrechnung kam zum Ergebnis, dass über ein Drittel (36%) der Todesfälle bei über 65-Jährigen aufgrund von Influenza und Lungenentzündung durch die Impfung von Kindern verhindert werden könnte. Das Immunsystem der Kinder kann mithilfe der Impfung eine sehr gute Abwehr aufbauen. Bei älteren Menschen, die in der Regel ein schwächeres Immunsystem aufweisen, benötigt der Impfstoff ein sogenanntes Adjuvans oder eine höhere Dosis, um die Wirksamkeit der Impfung zu verstärken.
Neben älteren Menschen, chronisch Kranken und Schwangeren sind Säuglinge besonders stark gefährdet. Bis zu einem Alter von sechs Monaten können sie noch nicht geimpft werden und sind deshalb darauf angewiesen, dass ihr Umfeld geimpft ist bzw. die Mutter in der Schwangerschaft geimpft wurde.
Öffentliches Impfprogramm (ÖIP) Influenza
Zwei Impfstoffe stehen für Kinder zur Verfügung: ein Nasenspray (Lebendimpfstoff), der vom 2. bis 18. Geburtstag zugelassen ist, sowie ein inaktivierter Impfstoff (Totimpfstoff) für Kinder ab 6 Monaten bis zum 2. Geburtstag. Der Schutz durch den inaktivierten Impfstoff hält 4-5 Monate lang an, der Lebendimpfstoff schützt deutlich länger. Die Impfung kann nicht alle Krankheitsfälle verhindern, Geimpfte erkranken aber in der Regel wesentlich milder.
Die Influenza-Impfung aus dem öffentlichen Impfprogramm (ÖIP) Influenza erhalten Kinder in teilnehmenden Ordinationen (vorwiegend bei Kinder- und Jugendärztinnen/-ärzten sowie Allgemeinmedizinerinnen /-medizinern), in Betrieben und je nach Bundesland teilweise auch in Einrichtungen der Sozialversicherung, Bezirksverwaltungsbehörden und Magistraten (z. B. Gesundheitsämtern).
Impfangebote der jeweiligen Bundesländer finden Interessierte auf der Seite des Bundesministeriums für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz unter: impfen.gv.at/impfungen/influenza
Geimpftes Umfeld bewahrt Säuglinge vor schweren Keuchhusten- und Masern-Erkrankungen
Noch nicht vollständig immunisierte Säuglinge haben wie bei Influenza ein besonders hohes Risiko für schwere Keuchhusten-(Pertussis-)Erkrankungen. Die Grundimmunisierung ist frühestens mit 11 bis 12 Monaten abgeschlossen. Keuchhusten kann bei den ganz Kleinen unter anderem Atemaussetzer (Apnoen) zur Folge haben, die eine Intensivtherapie im Krankenhaus erfordern. Statistisch gesehen ereignet sich bei 1000 infizierten Säuglingen ein Todesfall.
Bei älteren Kindern und Erwachsenen verläuft Pertussis meist milder und nicht mit so heftigen Hustenanfällen wie bei jüngeren Kindern. Ältere Kinder und Erwachsene ohne Auffrischimpfung können so die Erkrankung unbemerkt auf Säuglinge und Kleinkinder übertragen. „Durch Nasen-Rachen-Abstrich mit darauffolgendem PCR-Test (Polymerase-Kettenreaktion; englisch: polymerase chain reaction) könnte zwar ein Labor die Erkrankung im Anfangsstadium sicher nachweisen, aber dieser Test muss immer noch selbst bezahlt werden. Bei Kosten von etwa 50 € findet er derzeit viel zu wenig Anwendung“, bedauert PD Dr. Dornbusch, Kinder- und Jugendarzt mit Ordination in Graz.
Die Keuchhustenfälle sind landesweit aufgrund der schlechten Durchimpfungsraten auf fast ein Niveau wie vor der Einführung des nationalen Impfprogramms gestiegen (Stand 25.09.2024: 12.143 Pertussis-Fälle). Das Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz und das Nationale Impfgremium haben aus diesem Grund die erste Auffrischungsimpfung (nach der Grundimmunisierung mit der Sechsfachimpfung beim Säugling) vorverlegt. Sie soll nun mit 5 (statt bisher ab 6) Jahren erfolgen. Die zweite Auffrischungsimpfung sollten Kinder neuerdings nach 5 (statt bisher nach 10) Jahren erhalten. Der aktuelle Impfplan rät Erwachsenen ebenso zu 5-Jahres-Intervallen bei der Auffrischimpfung. „Der sogenannte azelluläre Impfstoff ist sehr gut verträglich, aber die Wirksamkeit hält nicht so lange an wie beim nebenwirkungsreicheren Ganzzellimpfstoff“, nennt PD Dr. Dornbusch als Hauptgrund für das verkürzte Impfschema.
Besonders schwerwiegend kann eine Maserninfektion für Säuglinge sein, die im ersten Lebenshalbjahr noch nicht immunisiert werden können. Als Spätfolge kann die immer tödlich endende subakut sklerosierende Panenzephalitis (SSPE) auftreten. Etwa eines von 500 Kindern, die im 1. Lebensjahr an Masern erkranken, trifft diese schlimme Gehirnerkrankung mehrere Jahre nach durchgemachten Masern. Betroffene Kinder erleiden fortschreitende Ausfallserscheinungen.
In diesem Jahr wurden in Österreich bis 1. Oktober 2024 bereits 504 bestätigte Masernfälle (etwa gleich viele wie in ganz Deutschland und deutlich mehr als in den USA!) gemeldet.
Masern haben selbst in Industrienationen eine Hospitalisationsrate von 20% und schwächen das Immunsystem für mehrere Jahre.
Durch nur zwei Impfungen ließe sich dies verhindern: Der Impfplan sieht zwei MMR (Masern-Mumps-Röteln)-Impfungen ab dem vollendeten 9. Lebensmonat vor.
„Lassen Sie Ihr Kind und sich selbst zeitgerecht nach Impfplan impfen, um diese und viele weitere schwere Krankheiten zu verhindern“, legt PD Dr. Dornbusch Eltern nahe. Auch alle anderen Bevölkerungsgruppen sollten ihren Impfschutz überprüfen und bei Bedarf vervollständigen.
Quellen:
- Bundesministerium für Soziales, Gesundheit, Pflege und Konsumentenschutz (BMSGPK) (Hg.): Impfplan Österreich 2024/2025. Version 1.0 vom 01.10.2024.
- Cantarutti A, Barbieri E, Didonè F, Scamarcia A, Giaquinto C, Corrao G. Influenza Vaccination Effectiveness in Paediatric 'Healthy' Patients: A Population-Based Study in Italy. Vaccines (Basel). 2022 Apr 10;10(4):582.
- Charu V, Viboud C, Simonsen L, Sturm-Ramirez K, Shinjoh M, Chowell G, Miller M, Sugaya N. Influenza-related mortality trends in Japanese and American seniors: evidence for the indirect mortality benefits of vaccinating schoolchildren. PLoS One. 2011;6(11):e26282.
- Krause S. Keuchhusten: Zahlen explodieren, jetzt wird öfter geimpft. Kleine Zeitung, 3. Oktober 2024, 15:16 Uhr.
- Kohlmaier B, Svendova V, Walcher T, Pilch H, Krenn L, Kurz H, Zwiauer K, Zenz W; Austrian Paediatric Influenza Network. A severe influenza season in Austria and its impact on the paediatric population: mortality and hospital admission rates, november 2017 - march 2018. BMC Public Health. 2020 Feb 4;20(1):178.
- Leitner K. Interview mit Priv.-Doz. Dr. Hans Jürgen Dornbusch. Influenza-Impfung bei Kindern. Universum Innere Medizin 2024; 7 Publikationsdatum: 2024-09-16.
- Neues Impfschema gegen steigende Keuchhusten-Fälle. Steiermark ORF.at, 4. Oktober 2024, 12.01 Uhr.
- Otero-Barrós MT, Durán-Parrondo C. Systematic influenza vaccination in the pediatric population. An Pediatr (Engl Ed). 2023 Jan;98(1):1-2.
- Tanner AR, Dorey RB, Brendish NJ, Clark TW. Influenza vaccination: protecting the most vulnerable. Eur Respir Rev. 2021 Jan 13;30(159):200258.
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