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Jugendliche mit chronischen Kopfschmerzen gebrauchen oft zu viele Medikamente

Eine österreichische Untersuchung von 14- bis 19-Jährigen aus Tirol hat ergeben, dass Heranwachsende mit Kopfschmerzen zu viele Schmerzmittel zu sich nehmen, insbesondere wenn sie unter chronischen Kopfschmerzen leiden. Dieses Ergebnis bestätigt Beobachtungen früherer Studien.

© Alexander Raths - Fotolia.com

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 „Immer wieder auftretende und den Alltag beeinträchtigende Kopfschmerzen sind insbesondere in der auf vielen Ebenen anspruchsvollen Phase des Erwachsenwerdens eine zusätzliche Erschwernis. Die Hoffnung auf rasche und nachhaltige Besserung durch ein Schmerzmittel führt gerade bei chronischen Kopfschmerzen dann zu einem vermehrten, oft elterlich kaum mehr kontrollierbaren Gebrauch. Diese übermäßige und längerfristige Einnahme kann aber paradoxerweise genau den Zustand verschlimmern, den sie lindern sollen – ein Teufelskreis“, warnt Mag. Dr. Christian Lechner von der Abteilung für Neuropädiatrie der Universitätsklinik für Pädiatrie I am Department für Kinder- und Jugendheilkunde in Innsbruck. In der dortigen „Kopfschmerzsprechstunde“ werden regelmäßig solche Patient:innen behandelt. Als chronische Kopfschmerzen sind solche definiert, die über zumindest drei Monate hinweg mit mindestens 15 Episoden pro Monat auftreten.
Expert:innen gehen davon aus, dass bis zu 20% der Heranwachsenden mit chronischen Kopfschmerzen letztlich unter Kopfschmerzen durch Übergebrauch von Schmerz- oder Migränemitteln (Medikamentenübergebrauchskopfschmerz = MÜK, englisch Medication Overuse Headache = MOH) leiden.

Frühzeitig gegensteuern

Die Evaluierung von regelmäßigen Kopfschmerzen bei Kindern und Jugendlichen obliegt primär Kinderärzt:innen, bei Bedarf solchen mit neurologischem Schwerpunkt, also den Neuropädiater:innen. Die meisten Kinder und Jugendlichen leiden unter einer primären Kopfschmerzerkrankung wie etwa Migräne oder Spannungskopfschmerzen, d.h. keine andere Krankheit löst den Schmerz aus. Bekannt ist, dass es eine familiäre Häufung bei Kopfschmerzerkrankungen gibt. „Bei regelmäßig auftretenden Kopfschmerzen ihrer Kinder sollten Eltern zunächst die Episoden in einem Kopfschmerzkalender oder Ähnlichem dokumentieren, und diesen mit den betreuenden Kinderfachärzt:innen besprechen. Kopfschmerzen sind sehr häufig, immerhin hat fast die Hälfte der Jugendlichen immer wieder welche, so dass die Erfahrung bei den niedergelassenen Kolleg:innen natürlich hoch ist. Bei besonders heftiger Ausprägung oder Unklarheiten überweisen die Kolleg:innen dann an unsere Spezialambulanz für Kopfschmerzerkrankungen. Ohne vorherige konsequente Dokumentation der Jugendlichen bzw. der Eltern ist eine genaue Diagnose aber oftmals schwierig“, so Mag. Dr. Lechner. Wenn es mehr als eine sporadische Schmerzmitteleinnahme für ein oder zwei Tage im Monat wird, sollte ärztlich Rücksprache gehalten werden. „Die richtige Dosierung ist entscheidend, um keine zusätzlichen Kopfschmerzen aufgrund von Medikamentenübergebrauch zu bekommen. Es gilt dabei die „10-20-Regel“, nach welcher an max. 10 Tagen pro Monat ein Schmerzmittel eingenommen werden darf und an den anderen 20 Tagen nicht. Wenn diese Grenze überschritten wird, besteht das Risiko für einen MÜK“, ergänzt Mag. Dr. Lechner, Erster Sekretär der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ).

Lebensstilfaktoren haben Einfluss

In sehr vielen Fällen reichen Lebensstilveränderungen, um weniger Beschwerden zu haben. Unregelmäßiger Schlaf, Bewegungsarmut, Übergewicht und hoher Medienkonsum begünstigen Kopfschmerzen. Auch regelmäßiger Konsum von Alkohol oder Nikotin können Kopfschmerzen verstärken. Einem Innsbrucker Forschungsteam zufolge könnten fünfmal 60 Minuten Bewegung pro Woche das Risiko für Spannungskopfschmerzen um die Hälfte verringern.

Dezidierte Kopfschmerzsprechstunden für Kinder und Jugendliche gibt es praktisch an jeder pädiatrischen Abteilung mit Neuropädiater:innen (bspw. Wien, Linz und Innsbruck).

Spannungskopfschmerz ist häufigste Form

Bei der o.a. Befragung von Tiroler Kindern und Jugendlichen gaben 30,2% an, unter Spannungskopfschmerzen, 10% unter Migräne und 8,2% unter anderen Kopfschmerzen zu leiden. Vor allem weibliche Jugendliche tendieren zu Kopfschmerzen. Bei Spannungskopfschmerzen beginnt ein dumpfer, leichter bis mittelschwerer Schmerz meist im Nacken und breitet sich über den ganzen Kopf aus. Migräne entwickelt sich häufig erstmals in oder kurz vor der Pubertät, kann aber auch schon im Kindesalter auftreten. Kennzeichen einer Migräne sind heftige, hämmernd-pulsierende Schmerzen, evtl. verbunden mit Übelkeit und Erbrechen, Überempfindlichkeit gegen Licht, Lärm und Gerüche. Die Anfälle können bis zu 72 Stunden anhalten, bei Kindern dauern die Attacken jedoch vielfach nur einige Stunden.

Quellen:

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Dies ist eine Pressemeldung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Der Abdruck dieser Pressemeldung oder von Teilen des Artikels ist unter folgender Quellenangabe möglich: www.kinderaerzte-im-netz.at. Bei Veröffentlichung in Online-Medien muss die Quellenangabe auf diese Startseite oder auf eine Unterseite des ÖGKJ-Elternportals verlinken. Fotos und Abbildungen dürfen grundsätzlich nicht übernommen werden.