Keine Rohmilch für kleine Kinder

Rohmilch und Rohmilchprodukte können unter Umständen Infektionen mit Listerien, Campylobacter oder Escherichia coli auslösen. Wiederkäuer wie Kühen, Ziegen und Schafen tragen Escherichia coli (enterohämorrhagische Escherichia coli: EHEC) im Darm und scheiden sie mit dem Kot aus. Durch fäkal-orale Übertragung gelangen die Bakterien zum Menschen. Dort können die Giftstoffe (Shiga- oder Vero-Toxine), die diese Bakterien produzieren, neben Durchfällen auch schwere Komplikationen wie HUS (hämolytisch urämisches Syndrom) verursachen. Letzteres tritt vorwiegend bei Kleinkindern auf und kann zu Nierenversagen führen.

„Trotz gründlicher Reinigung der Melkgeräte und Sauberkeit im Stall können diese Keime in die Milch gelangen. Für eine Infektion reichen nur geringfügige Mengen. Deshalb sollten insbesondere kleine Kinder, Immungeschwächte sowie schwangere Frauen nur pasteurisierte Milch trinken“, erklärt Univ.Prof. Dr. Nadja Haiden M.D., MSc, MBA, Leiterin des Referates Kommission für Stillen, Ernährung und Prävention der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Weniger als 100 Bakterien genügen für eine Erkrankung. Shiga-Toxin produzierende Escherichia coli (STEC) können bei Temperaturbereichen von 7 bis 50 Grad gedeihen, am besten bei 37 Grad Celsius. Erst bei 70 Grad Celsius sterben sie ab.

EHEC: Neben Rohmilch viele weitere Infektionswege

Neben Rohmilch und Rohmilchprodukten gibt es viele weitere Infektionsmöglichkeiten. So können die Bakterien z.B. über das mit EHEC verunreinigte Fell beim Streicheln der Tiere an die Hände und von dort in den Mund gelangen. Auch Rinderhackfleisch oder Rohwurstsorten können mit den Keimen belastet sein. Pflanzliche Lebensmittel wie Gemüse, das durch Düngen, verunreinigte Erde oder über belastetes Wasser mit den Erregern in Kontakt kommt, kann eine Infektionsquelle darstellen. In der Erde können E. monatelang überleben. Eine Untersuchung von 2004 konnte die Bakterien noch auf Karotten nachweisen, die 120 Tage nach der Düngung mit Stallmist (Rinder) geerntet worden waren. Sogar Sprossen, die aus verunreinigten Samen gezüchtet worden waren, waren in der Vergangenheit in Europa (Deutschland, Frankreich) für Ausbrüche verantwortlich. Samen kann bereits beim Anbau oder bei der Ernte mit Fäkalkeimen in Kontakt kommen. Beim Heranwachsen der Sprossen können sich die Keime stark vermehren. Sprossen sind schwer zu reinigen, da Keime in kleinen Spalten verbleiben können.

„Gute Hygienepraktiken während der Lebensmittelverarbeitung sowie beim Umgang mit Tieren können das Risiko einer Infektion verringern. Für Besucher von Streichelzoos und Zoos sollten Anleitungen zur Handhygiene und Möglichkeiten zum Händewaschen verfügbar sein, und Erwachsene sollten darauf achten, dass insbesondere jüngere Kinder diese Regeln befolgen. Eltern sollten zuhause auf das ausreichende Garen von Lebensmitteln wie Rindfleisch und Verwendung pasteurisierter Milchprodukte achten. Gemüse und Obst gilt es, gründlich zu waschen bzw. zu schälen“, rät Univ.Prof. Dr. Haiden M.D., MSc, MBA, die auch Chair des ESPGHAN nutrition committees ist - die Europäische Ernährungskommission für Kinder.

2024 Anstieg der Erkrankungsfälle in Österreich

In Österreich wurden für das Jahr 2024 insgesamt 853 Erkrankungs- und 2 Todesfälle gemeldet sowie 11 Fälle mit dem hämolytisch-urämischen Syndrom (HUS). Gegenüber 586 Erkrankungsfällen 2023 (ebenso 2 Todesfälle, 23 HUS-Fälle) war dies eine deutliche Zunahme. Besonders betroffen waren 2024 wie auch in den Jahren zuvor Kinder bis 4 Jahre. Für 2025 sind noch keine Zahlen verfügbar. 

Quellen:

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Dies ist eine Pressemeldung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Der Abdruck dieser Pressemeldung oder von Teilen des Artikels ist unter folgender Quellenangabe möglich: www.kinderaerzte-im-netz.at. Bei Veröffentlichung in Online-Medien muss die Quellenangabe auf diese Startseite oder auf eine Unterseite des ÖGKJ-Elternportals verlinken. Fotos und Abbildungen dürfen grundsätzlich nicht übernommen werden.