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Kohlenmonoxid: Die unsichtbare Gefahr

 

Mit wärmeren Temperaturen eröffnen viele Familien die Grillsaison. Kommt bei einem geplanten Grillnachmittag dann schlechtes Wetter auf, müssen Eltern wissen, dass das Grillen in der Garage keine Alternative ist. Denn die Anwendung von Gas- oder Holzkohlegrills in Innenräumen kann zu einer gefährlichen Kohlenmonoxidvergiftung führen. Dies ist die häufigste Gasvergiftung in Österreich.

„Kohlenmonoxid – ein geruch- und farbloses Gas - ist für Kinder besonders gefährlich, weil sie schneller atmen und mehr Kohlenmonoxid pro Kilogramm Körpergewicht als Erwachsene aufnehmen. Beim Einatmen von Kohlenmonoxid verdrängt dieses den Sauerstoff im Blut. Denn der rote Blutfarbstoff Hämoglobin bindet das Gas etwa 230- bis 300-mal stärker als Sauerstoff an sich. Es kommt zu einem Sauerstoffmangel im Körper und zu Zellschäden. Herzmuskelzellen und Nervenzellen können besonders davon betroffen sein“, erklärt OA Dr. Uwe Klingkowski, Leiter der Arbeitsgruppe Kindernotfallmedizin der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Schwindel, Übelkeit, Erbrechen, Kopfschmerzen sind die ersten Anzeichen. Weiterhin verursacht Kohlenmonoxid auch Schläfrigkeit, Husten, Würgen, Verwirrung, Kurzatmigkeit, Hals- oder Augenreizungen, Brustschmerzen oder Schwäche. Das Tückische ist, dass Opfer der akuten Vergiftung oft diese nicht als solche wahrnehmen, da die unspezifischen Beschwerden auch viele andere Ursachen haben können. Kinder werden häufiger ohnmächtig als Erwachsene. Bei Minderjährigen kann sich eine Kohlenmonoxidvergiftung auch wie ein Virusinfekt anfühlen - allerdings ohne Fieber. Im Säuglings- und Kleinkindalter können schlechtes Trinkverhalten oder Reizbarkeit die einzigen Hinweise sein. Bei voranschreitender Vergiftung drohen Koma und schließlich der Tod.

„Je nach Konzentration des Gases im Raum kann es Stunden dauern, bis Beschwerden auftreten. Bei sehr hohen Konzentrationen kann es sogar innerhalb von Minuten zu lebensgefährlichen Vergiftungen kommen“, ergänzt OA Dr. Klingkowski, der die Pädiatrische Intensivstation an der Medizinischen Universität Innsbruck leitet. Bei manchen Patienten und Patientinnen können sich neurologische Spätfolgen Wochen bis Monaten nach einer scheinbaren Genesung entwickeln, wie z.B. Einschränkung der geistigen Leistungsfähigkeit, Persönlichkeitsveränderungen oder Bewegungsstörungen.

Shisha-Raucher und Holzpellet-Besitzer ebenso gefährdet

Werden mehrere Shishas in einem engen, schlecht belüfteten Raum geraucht, kann es ebenso zu gesundheitsschädlichen Kohlenmonoxid-Konzentrationen kommen. Weitere Gefahrenquellen sind gasbetriebene Heizstrahler oder Camping-Kocher, brennstoffbetriebene Notstromaggregate in Innenräumen, Kamine und Kaminöfen bzw. offene Feuerstellen oder Gasthermen, die nicht sachgerecht betrieben oder gewartet werden. Auch aus dem Harz der Holzfasern von Holzpellets kann Kohlenmonoxid ausgasen. Es ist deshalb darauf zu achten, die Türen zu den Lagerräumen geschlossen zu halten und die Räume gesondert gut zu belüften. Denn das Gas könnte sogar durch Wände und Decken gelangen. Rauchmelder sind kein Schutz vor einer Kohlenmonoxidvergiftung. Sie alarmieren bei Feuer mit Rauchbildung, aber erkennen kein Kohlenmonoxid. Dafür ist ein Kohlenmonoxid-Warnmelder erforderlich. Die normale Pulsoxymetrie ist ebenso nicht geeignet, eine Kohlenmonoxidvergiftung zu erkennen, es benötigt eine sogenannte Blutgasanalyse, um den Anteil des Kohlenmonoxids am Hämoglobin zu messen.
„War jemand Kohlenmonoxid ausgesetzt, sollte er so schnell wie möglich aus dem Gefahrenbereich gebracht werden. In einem Krankenhaus oder einer Notaufnahme kann mit der Blutgasanalyse die Kohlenmonoxidkonzentration bestimmt werden. Damit wird der Verdacht bestätigt, die Therapie erfolgt aber im Wesentlichen anhand der Schwere der Symptome. Kinder und Schwangere haben ein erhöhtes Risiko und müssen immer ins Krankenhaus“, so OA Dr. Klingkowski. Die hoch dosierte Saustoffgabe ist initial die wichtigste Maßnahme. Im Krankenhaus erfolgt, wenn notwendig eine intensivierte Sauerstofftherapie. In bestimmten Zentren mit der Möglichkeit einer hyperbaren Sauerstofftherapie (Druckkammer) kann eine erweiterte Therapie erfolgen. Dies ist in Österreich in Graz möglich, grenznahe Zentren sind Murnau, Basel und München.

Haben Eltern einen Verdacht, sollten sie Rettungsleitstelle (Telefon. 144) kontaktieren oder die Vergiftungsinformationszentrale (01 406 43 43) anrufen.

Quellen: ÄZQ, Med Klin Intensivmed Notfmed, Anaesthesiologie, Gesundheit.gv.at, UpToDate, S2k-Leitlinie Diagnostik und Therapie der Kohlenmonoxidvergiftung
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Dies ist eine Pressemeldung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Der Abdruck dieser Pressemeldung oder von Teilen des Artikels ist unter folgender Quellenangabe möglich: www.kinderaerzte-im-netz.at. Bei Veröffentlichung in Online-Medien muss die Quellenangabe auf diese Startseite oder auf eine Unterseite des ÖGKJ-Elternportals verlinken. Fotos und Abbildungen dürfen grundsätzlich nicht übernommen werden.