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Mit Kindern über Coronavirus sprechen

Kinder erleben derzeit gravierende Veränderungen ihres Lebensalltages und ihrer gesamten Lebensumgebung. Beziehungsgestaltungen und Kommunikationsmöglichkeiten sind krisenbedingt deutlich verändert. Die Rolle der Eltern als sichernde und Vertrauen gebende Bezugspersonen ist gefordert. Den Informationen ihrer Eltern zum alltagsbeherrschenden Thema der Corona-Virus Pandemie vertrauen die Kinder. Diese Vertrauensposition bietet die Möglichkeit, dass Kinder vor Falschinformationen sowie Angst, Panik und Bedrohung erzeugenden Vorstellungen geschützt werden.

„Geben Sie Kindern sachliche Informationen, aber passen Sie die Menge und Details an das Alter Ihres Kindes an. Die Informationen der Nachrichtensendungen sollten ebenso altersentsprechend gefiltert werden“, rät Prim.Dr. Adrian Kamper, der die Arbeitsgruppe Psychosomatik der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) leitet. Zum Beispiel könnten Eltern sagen: "Es gibt noch keine Impfung gegen das Coronavirus, aber die Wissenschaft arbeitet intensiv daran" oder "Ja, viele Menschen erkranken, aber normalerweise ist die Erkrankung ähnlich wie eine Erkältung oder eine Grippe, die vorübergeht und bei der du gesund wirst." „Kinder erkranken selten schwer daran.“ Für kleinere Kinder ist möglicherweise ein Clip besser verständlich (z.B. Coronavirus-Erklärvideo für Kinder: https://www.youtube.com/watch?v=_kU4oCmRFTw).

Die Tatsache, dass ältere Menschen bzw. die Großeltern durch das Vermeiden von Besuchen geschützt werden können und müssen, ist den Kindern verständlich zu machen. (Und es gibt ja den Kontakt mittels Smartphone/Skype u.a.)

„Können Kinder Fragen stellen und bekommen sie darauf ruhige, klare Antworten, ist dies ein guter Weg, um Ängste zu lindern“, ergänzt Prim.Dr. Kamper, Standortleiter der Abteilung für Kinder- und Jugendheilkunde in Grieskirchen. Eltern sollten sich für die Fragen ausreichend Zeit nehmen, Zuwendung signalisieren. Wichtig ist die Alltagsgestaltung der Kinder zu unterstützen: Spielangebote, Lesestoff, Bastelmaterial und dergleichen, ebenso zeitlich und inhaltlich passender Medienkonsum. Auch der Sozial-Media-Kontakt zu Peers gehört dazu.

Kleinkinder: Keine komplizierten Erklärungen

„Verwenden Sie bei kleinen Kindern kurze Sätze und konzentrieren Sie sich auf das Hier und Jetzt - was Sie heute und morgen tun. Erklären Sie die Situationen vielleicht mithilfe von Puppen oder Geschichten, die das Kind versteht“, so Prim.Dr. Kamper. Veränderungen im Alltag sollten einfach verständlich gemacht werden, z.B. dass die Mama von zu Hause aus arbeitet und nicht mehr ins Büro geht. Für Kinder in dieser Altersgruppe sind die wichtigsten Dinge Essen, Schlafen, Spielen und Nähe. Veränderungen haben den größten Einfluss auf ihre Emotionen und ihr Verhalten.

4 bis 7 Jahre: Wiederholungen erlaubt

Kinder dieser Altersgruppe konzentrieren sich auf ihre unmittelbare Umgebung - was um sie herum vor sich geht, was als Nächstes und bald passiert und wie sie sich gerade fühlen. Krankheit begreifen sie anhand einfacher Symptome, wie Husten oder eine rinnende Nase.
Eltern sollten Kindern Ursache und Wirkung verdeutlichen (z.B. dass das Händewaschen hilft, die Ausbreitung von Erregern zu verringern). Die Antworten müssen nicht immer ausführlicher werden, wenn ein Kind etwas nicht begreift. Wiederholungen können helfen, dass die Informationen leichter erfasst werden.

7-12 Jahre: Stress kann sich körperlich zeigen

Kinder in diesem Alter verstehen schon, dass eine Krankheit viele verschiedene Symptome haben kann und dass viele Dinge in ihrem Körper vor sich gehen, die sie nicht sehen können. „Erklären Sie, dass nicht jeder Husten besorgniserregend sein muss und ein Anzeichen für Corona ist“, rät Prim.Dr. Kamper vom Klinikum Wels-Grieskirchen.

Wenn Kinder eine Situation stresst, können körperliche Symptome wie Kopfschmerzen, Bauchschmerzen oder der Wunsch nach mehr Nähe Anzeichen dafür sein.

Jugendliche: Gegen Fake News arbeiten

In diesem Alter haben Heranwachsende eine sehr gute Vorstellung von Zeit. Sie wissen, dass die Zukunft sich unterschiedlich entwickeln kann. Infolgedessen können sie sich mehr Gedanken und Sorgen darüber machen.

Teenager sprechen eher mit ihren Freunden und surfen im Internet und auf Social Media-Websites. Dabei erhalten sie auch möglicherweise Fehlinformationen. „Fragen Sie nach den Informationen, die Ihr Heranwachsender hat, um falsche Nachrichten entkräften zu können. Informieren Sie sich selbst bei zuverlässigen Quellen, wie z.B. WHO (https://www.who.int/emergencies/diseases/novel-coronavirus-2019/advice-for-public/myth-busters) und stellen Teenagern Informationen aus seriösen Quellen zur Verfügung“, lautet die Empfehlung von Prim.Dr. Kamper.
Quellen: The Britisch Psychological Society (1, 2), Harvard Medical School

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Allgemeine Tipps für Familien für  diese außergewöhnliche Zeit:

  • Alltagsgestaltung mit Struktur (wie Aufstehzeit ,Tageskleidung anziehen, Lernzeit, Spielzeit, Pausenzeit-für alle Personen) mit Fixpunkten (wie Essenszeiten) und Ritualen (wie gemeinsame Tagesvorschau, gemeinsame Bewegungszeit), Tag/Nachtrhythmus einhalten;
  • tägliche Humor und Spaß, z.B.  in Form von Lesestoff, von Filmen, gemeinsame Kreativität, Spiele, Zerstreuung schaffen;
  • Privatsphäre sichern: Rückzugsraum/-ort/-zeit;  schafft auch für die Eltern eine Pause;
  • Vereinbarungen und verbindliche Regeln:
    •  Zuständigkeiten in der Alltagsarbeit/Haushalt, Regeln gemeinsam festlegen, durchaus schriftlich festhalten , gemeinsam Veränderungen/Anpassungen vornehmen;
    • wichtiges Thema: Umgangsregeln wenn „dicke Luft“ entsteht, bei agfressiver Stimmung: 
    • durchaus ein Signalwort definieren als Stopp-Signal,  oder Karte (grün-gelb-rot, Ampelregelung) mit Verbindlichkeit; 
    • rechtzeitig auseinandergehen, an vorbesprochene Plätze, Zimmer, Garten, alle Personen machen mit, Beruhigungsphase; keine unrealistische/unverhältnismäßige Bestrafung oder Androhung  gegenüber den Kindern;
  • Besprechung nach einer Beruhigungsphase; bei drohender oder erlebter aggressiver  Eskalation in der Familie, bei großen Sorgen und Nöten: Kontakt mit der Telefonseelsorge 142 aufnehmen;  für Jugendliche: Rat auf Draht 147.

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Dies ist eine Pressemeldung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Der Abdruck dieser Pressemeldung oder von Teilen des Artikels ist unter folgender Quellenangabe möglich: www.kinderaerzte-im-netz.at. Bei Veröffentlichung in Online-Medien muss die Quellenangabe auf diese Startseite oder auf eine Unterseite des ÖGKJ-Elternportals verlinken. Fotos und Abbildungen dürfen grundsätzlich nicht übernommen werden.