Kinder verbrachten oft mehrere Stunden pro Tag online – Schule inklusive. „Diese Beschleunigung der Digitalisierung lässt sich nicht mehr rückgängig machen. Die Online-Welt bietet Chancen, wie u.a. Kontakte in dieser Ausnahmesituation aufrechtzuerhalten, aber sie birgt auch Risiken, wie die Berührung mit unangemessenen Inhalten, Internetsucht, Cybermobbing, Desinformation, Missbrauch personenbezogener Daten usw. und die Vernachlässigung von Mahl- und Schlafenszeiten, warnt Prim. Dr. med. Roland Berger, Mitglied des Expertenpools „Digitale Innovation/Digitalisierung in der Pädiatrie“ der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ), mit Bezug auf eine europäische Studie. 48% aller an dieser Studie teilnehmenden Kinder aus Österreich hatten demnach schon auf das Essen und/oder Schlafen zugunsten des „Surfens“ verzichtet. Fast ein Viertel der österreichischen Kinder gaben bei dieser europäischen Untersuchung an, dass sie während des Lockdowns noch mehr Mahlzeiten ausfallen ließen oder weniger schliefen als noch davor, weil sie Zeit im Internet verbrachten.
Für diese europäische Untersuchung „How children (10-18) experienced online risks during the Covid-19 lockdown - Spring 2020“ wurden 6.192 Heranwachsende aus verschiedenen Ländern in Europa (Österreich, Belgien, Frankreich, Deutschland, Irland, Italien, Norwegen, Portugal, Rumänien, Slowenien, Spanien, Schweiz) und deren Eltern (ebenso 6.192) zum Thema „Internetnutzung“ befragt. Pro Land nahmen etwa 500 Kinder und 500 Erwachsene Teil (Österreich 510 Kinder und Jugendliche und 510 Elternteile).
Ein weiteres Ergebnis der europäischen Umfrage: 16% der interviewten österreichischen Kinder und Jugendlichen sahen sich während des Lockdowns mehr beunruhigenden Situationen bzw. Inhalten ausgesetzt als vorher, während 20% schon zuvor solche Erfahrungen gemacht hatten. Insgesamt gaben 45% der Minderjährigen in Österreich an, dass sie bereits auf unangemessene Inhalte im Internet gestoßen sind.
Erziehung zur Medienkompetenz
Die ÖGKJ rät dazu, dass Eltern sich für die Inhalte interessieren sollten, mit denen sich Kinder im Internet beschäftigen. So können Erwachsene überprüfen, ob Heranwachsende altersgerechte Inhalte nutzen. „Sprechen Sie über die Gefahren der Weitergabe von persönlichen Daten, über Online-Bekanntschaften, über fehlerhafte und falsche Meldungen im Internet und informieren Sie sich selbst regelmäßig“, rät Prim. Dr. med. Berger, Abteilungsvorstand der Abteilung für Kinderheilkunde mit Neonatologie im St Josef Krankenhaus, Wien.
Beim Thema „Medienerziehung“ schnitten österreichische Eltern in der europäischen Umfrage sehr gut ab: Nur ein geringer Prozentsatz gab - unabhängig von Corona - an, nicht bei ihren Kindern nachzuforschen, wie sie digitale Medien nutzen (5%). Und während des Lockdowns war dieses Thema noch häufiger Gesprächsthema in den Familien. „Im Lockdown verbrachten Heranwachsende durchschnittlich etwa 3,3 Stunden mit digitalen Medien für die Schule und knapp drei Stunden für private Dinge. Der ÖGKJ zufolge wäre das Ziel, dass Jugendliche - zumindest in ihrer Freizeit - nicht mehr als 2 Stunden pro Tag mit Bildschirmmedien verbringen. Mit dem Start der ‚Schule live und vor Ort‘ kann dies vielleicht wieder besser gelingen“, hofft Prim. Dr. med. Berger.
Auch in anderen europäischen Ländern sind Mütter und Väter mittlerweile in Bezug auf digitale Medien sensibilisiert. Ein Großteil der Eltern kontrollierte bereits vor der Pandemie u.a. auch mit technischen Mitteln die Online-Aktivitäten ihrer Kinder (82%). Und die meisten Sorgeberechtigten (95%) erklärten, Maßnahmen zum Schutz des Geräts oder/und der Daten ihres Kindes ergriffen zu haben.
Umfangreiche Tipps und konkrete Hilfestellungen rund um dieses Thema bietet die 60-seitige Broschüre „Medien in der Familie“ –vom Bundesministerium für Frauen, Familie und Jugend zusammen mit den Expertinnen und Experten von Saferinternet.at erstellt.
Quellen: Publications Office of the European Union, Monatsschr Kinderheilkd, Saferinternet.at
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