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„Pseudo-Autismus“: Stundenlange Beschäftigung mit Bildschirmmedien im Kleinkindalter begünstigt Entwicklungsstörungen

Wenn Kinder früh täglich und stundenlang ohne Kontrolle mit Geräten wie Smartphones oder Tablets spielen, können sie Sprachentwicklungsstörungen, und Verhaltensstörungen sowie „Pseudo-Autismus“ entwickeln.

© nadezhda1906 - Fotolia.com

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„Kinder, die sich schon vor einem Alter von zwei Jahren täglich bis zu drei Stunden mit einem Medium mit Bildschirm statt mit Bezugspersonen beschäftigen, fehlt es an Anregung. Denn Bezugspersonen reagieren emotional auf die Gesten und Äußerungen der Kinder, benennen Dinge, mit denen Kinder umgeben sind. Ein Mangel an Austausch mit Eltern und anderen kann sich in einer verzögerten Sprachentwicklung auswirken. Es besteht die Gefahr, dass Kinder kaum soziale Fähigkeiten entwickeln – ähnlich wie autistische Kinder“, warnt Priv. Doz. Dr. Nicole Grois, Kinder- und Jugendärztin, Mitglied der Österreichischen Gesellschaft für Kinder und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Autistische Kinder können sich u.a. schwer länger auf etwas konzentrieren, sie können keinen Blickkontakt halten und haben Schwierigkeiten, Gefühle anderer zu erkennen und darauf zu reagieren.

Die ersten Lebensjahre sind eine kritische Zeit für die körperliche und geistige Entwicklung von Kindern. „Für Kinder unter zwei Jahren haben Fernsehprogramme oder andere über Bildschirmmedien vermittelte Inhalte keinen Lerneffekt – im Gegenteil. Diese Altersgruppe hat nicht die Möglichkeit, zwischen dem realen Leben und fiktiver Bildschirmwelt zu unterscheiden. Der Mangel Interaktion mit anderen Menschen geht noch dazu einher mit einem Mangel an körperlicher Aktivität und kann sich aber in dieser Phase besonders negativ auswirken. Obwohl Experten empfehlen, Kinder in der frühen Entwicklungsphase ganz von den Medien fernzuhalten, nutzen manche junge Eltern die Medien als „Babysitter“, um ihre Kinder zu beschäftigen, vor allem wenn sie selbst im Alltag stark belastet sind“, gibt Priv. Doz. Dr. Nicole Grois, die auch Leiterin des ÖGKJ-Referates Transkulturelle Pädiatrie ist, zu bedenken. Die Exposition mit Handystrahlung ist ein zusätzlicher gesundheitsgefährdender Faktor.

Medienkonsum kann zu strukturellen Veränderungen im Gehirn von kleinen Kindern führen!

„Pseudo-Autismus“ oder „virtueller Autismus“ beruht auf äußeren Faktoren, wie einem Mangel an Stimulation bzw. Anregung, z.B. durch sehr frühen und übermäßigen Mediengebrauch. Forscher des Cincinnati Children’s Hospital haben in ihrer aktuellen in JAMA Pediatrics veröffentlichten Arbeit sogar gezeigt, dass die Menge an weißer Substanz im Gehirn von Kleinkindern, die mehr als zwei Stunden pro Tag vor einem Bildschirm verbringen, anscheinend geringer ist als bei Kindern, die keine Bildschirmmedien nutzten. Die weiße Substanz des Gehirns hilft bei der Verarbeitung und Organisation von Gedanken und anderen wichtigen Funktionen, wie Sprache.

Autismus-Spektrum-Störung beruht vorwiegend auf erblichen Faktoren

Für eine „richtige“ autistische Störung bzw. eine sogenannte Autismus-Spektrum-Störung gelten erbliche Faktoren als eine der Hauptursachen. Die Diagnose basiert auf dem Vorhandensein mehrerer Symptome, die die Fähigkeit eines kleinen Patienten zur Kommunikation, zum Aufbau von Beziehungen, zum Interesse an seiner Umwelt, zum Spielen und Lernen beeinträchtigen. Autismus hat eine lebenslange Beeinträchtigung zur Folge, die nicht geheilt werden kann, aber sich durch eine frühzeitige Behandlung erheblich verbessern lässt.

Österreichische Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) empfiehlt keine Medien für Kinder unter zwei Jahren!

Folgenden Richtlinien zum Medienkonsum (TV, Handy, Tablet, Computer etc.) sollten berücksichtigt werden.

  • Kinder unter zwei Jahren: Medienverzicht (d.h. auch nicht mitschauen oder zuhören, wenn Eltern nebenbei fernsehen)
  • Vorschulkinder: maximal eine halbe Stunde pro Tag vor einem Bildschirm
  • Bis zum Jugendalter: schrittweise Erhöhung der Medienzeit bis zu maximal zwei Stunden pro Tag
  • Kein Medienkonsum beim Essen!


Quellen: JAMA Pediatr., Monatsschr Kinderheilkd, University of Massachusetts Amherst, Intractable Rare Dis Res., J Med Invest., ScienceDaily, OERF 1/Sendereihe Dimensionen 11.12.2019, 19:05.

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Dies ist eine Pressemeldung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Der Abdruck dieser Pressemeldung oder von Teilen des Artikels ist unter folgender Quellenangabe möglich: www.kinderaerzte-im-netz.at. Bei Veröffentlichung in Online-Medien muss die Quellenangabe auf diese Startseite oder auf eine Unterseite des ÖGKJ-Elternportals verlinken. Fotos und Abbildungen dürfen grundsätzlich nicht übernommen werden.