Die AAP zählt in ihrer Veröffentlichung mögliche medizinische Komplikationen auf, über die Heranwachsende, die sich für Tätowierungen und Piercings und ähnliche Körpermodifikationen, wie Skarifikation (Narbenverzierung) interessieren.
"Tätowierungen werden viel mehr akzeptiert als noch vor 15 bis 20 Jahren", sagte Dr. Cora C. Breuner Studienleiterin und Vorsitzende des AAP-Ausschusses für Adoleszenz. "In vielen Staaten müssen Jugendliche mindestens 18 Jahre alt sein, um eine Tätowierung zu bekommen, aber die Vorschriften variieren von Ort zu Ort. Wenn ich Jugendliche berate, empfehle ich ihnen, zu recherchieren und darüber nachzudenken, warum sie ein Tattoo oder ein Piercing wollen und wo sie es an ihrem Körper haben wollen."
Zu den wichtigsten Punkten der Veröffentlichung gehören folgende Informationen:
• Zwar ist die gesellschaftliche Akzeptanz von Tätowierungen und Piercings gestiegen, dennoch kann es immer noch negative Auswirkungen geben. In einer Umfrage von 2014 gaben 76% von 2.700 Befragten an, dass eine Tätowierung oder ein Piercing ihre Chancen auf einen Job eingeschränkt hätten-
• Die Komplikationsrate bei Tätowierungen sind unbekannt. Es wird angenommen, dass sie gering ist. Die schwerwiegendste Komplikation bei jeder Form von Körpermodifikation ist eine Infektion.
• Bevor jemand eine Tätowierung oder ein Piercing anfertigen lässt, sollte er sicherstellen, dass der Salon steril, sauber und seriös arbeitet. Die Anlage sollte sich an die staatlichen Auflagen halten und den Klienten Informationen darüber geben, wie die Region um ein neu erstelltes Tattoo oder Piercing gepflegt wird. Infektionsrisiken sollten wie in einer Arztpraxis vermieden werden.
• Skarifizierungen, die durch Schneiden oder Brennen bzw. Branding Worte oder Bilder in die Haut formen, sind nicht so stark reguliert wie das Tätowieren oder Piercen.
• Entscheidet sich jemand für eine Tätowierung, sollte er sicherstellen, dass seine Impfungen auf dem Laufenden sind und dass er keine Medikamente einnimmt, die seine Immunabwehr beeinträchtigen.
Kinder- und Jugendärzte müssen typische Körpermodifikationen von Selbstverletzendem Verhalten, wie z.B. Ritzen, unterscheiden. Dabei verletzen sich Menschen absichtlich selbst, indem sie sich schneiden, in die Haut ritzen oder Verbrennungen zufügen. Dies ist eine impulsivere oder zwanghafte Aktion, die mit psychischen Störungen verbunden ist.
"In den meisten Fällen gefällt Teenagern nur das Aussehen der Tätowierung oder des Piercings, aber wir raten ihnen, jede Entscheidung mit ihren Eltern oder einem anderen Erwachsenen zuerst zu besprechen", sagte Dr. David Levine, Co-Autor des Berichts. "Ihnen ist nicht bewusst, wie teuer es ist, eine Tätowierung zu entfernen, oder wie ein Zungenpiercing zu einem abgebrochenen Zahn führen kann."
"Angesehene Tattoo- und Piercing-Studios sollten eine Liste mit Verhaltensregeln zur Tattoopflege und zum Umgang mit einem neuen Piercing zur Verfügung stellen, die auch auf Warnzeichen hinweist", sagte Dr. Breuner.
Farbpartikel von Tattoos gelangen bis zu den Lymphknoten
Farben und ihrer Abbauprodukte bergen weitere möglichen Gefahren. Die meisten Tattoo-Tinten enthalten organische Pigmente, aber auch Konservierungsmittel und Verunreinigungen wie Nickel, Chrom, Mangan oder Kobalt. Neben Pigmentruß ist Titandioxid (TiO2) die zweithäufigste Substanz, die für Tätowierfarben verwendet wird. Es ist ein weißes Pigment, das meist zum Einsatz kommt, um bestimmte Farbtöne bzw. Schattierungen zu erreichen. TiO2 wird auch häufig in Lebensmittelzusatzstoffen, Sonnenschutzmitteln und Lacken verwendet. Es verzögert die Wundheilung und kann Schwellungen sowie Juckreiz hervorrufen, die oft bei weißen Tattoos auftreten (u.a. bei Einsatz von TiO2). Ein internationales Forscherteam konnte sogar nachweisen, dass Pigmentbestandteile von Tattoos zu den Lymphknoten wandern können. Die Lymphknoten nehmen die Tattoofarbe z.T. sichtbar auf. Nanopartikel, von denen Experten nicht genau wissen, wie sie reagieren, wandern von dem Tattoo durch den Körper.
In Österreich benötigen Minderjährige die Zustimmung ihrer Eltern
Grundsätzlich müssen Personen, die sich piercen oder tätowieren lassen möchten, in Österreich schriftlich in die Behandlung einwilligen. Es besteht eine Informationspflicht zur sachgerechten Nachbehandlung und über mögliche Risiken, wie Allergien, Entzündungen und Narbenbildungen. Eine schriftliche Bestätigung über das Informationsgespräch ist erforderlich, bei Minderjährigen muss dies ggf. auch der Erziehungsberechtigte schriftlich unterschreiben.
Minderjährige unter 14 Jahren dürfen sich nicht piercen lassen. Ab 14 Jahren benötigen sie für ein Piercing die Zustimmung der Eltern. Wenn zu erwarten ist, dass die gepiercte Stelle innerhalb von 24 Tagen heilt, entfällt diese bei Minderjährigen 14- bis 18-Jährigen.
Das Tätowieren von Personen unter 16 Jahren ist verboten. Jugendliche zwischen 16 und 18 Jahren brauchen die schriftliche Einwilligung eines Erziehungsberechtigten.
Quelle: medicalXpress, Pediatrics, ESRF, Nature, help.gv.at