“Obwohl viele Mütter wissen, dass Muttermilch viele kurz- und auch langfristige gesundheitliche Vorteile für das Kind und auch die Mutter hat, hören viele Mütter vorzeitig mit dem Stillen auf bzw. füttern das Baby zusätzlich mit Formulanahrung (künstlicher Säuglingsmilch). Häufigster Grund dafür ist die Angst, dass ihr Kind nicht genug Nahrung bekommen könnte. Dabei ist laut internationalen Empfehlungen ein Zufüttern des Säuglings in den etwa ersten sechs Lebensmonaten nicht erforderlich bzw. soll nur aus medizinischen Gründen erfolgen. Pädiater können diese Furcht der Mütter/Eltern meist entkräften und eine ausreichende Gewichtszunahme bestätigen. Seit Jänner 2017 haben Frauen nach der Geburt im Wochenbett Anspruch auf Hebammenbetreuung. Mütter sollten die Hilfestellung einer Stillberatung während des achtwöchigen Mutterschutzes in Anspruch nehmen, am besten sogar erstmals schon während der Schwangerschaft”, rät Ao.Univ.-Prof. Dr. Daniela Karall, Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde mit der Zusatzqualifikation IBCLC (International Board Certified Lactation Consultant) sowie Präsidentin der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Für Stillberatung stehen Mutter-Eltern-Beratungsstellen, Hebammen, Stillberaterinnen (IBCLC) und zahlreiches Druckmaterial zur Verfügung (Broschüre „Stillen – ein guter Beginn“, Verband der Still- und LaktationsberaterInnen Österreichs [VSLÖ] und Europäisches Institut für Stillen und Laktation [EISL]).
Auch das Bundesministerium für Frauen und Gesundheit empfiehlt gemäß den internationalen Empfehlungen (WHO u.a.) rund sechs Monate ausschließliches Stillen. Förderlich ist es, wenn Mütter gleich nach der Geburt ihr Kind anlegen. Dem Bericht der World Breastfeeding Trends Initiative (WBTi) zufolge stillen 93,2% der Mütter in Österreich nach der Geburt ausschließlich, diese Rate sinkt nach drei Monaten auf 60% und auf 10% nach sechs Monaten (mit Zufüttern reduzieren sich die Quoten auf 72% nach 3 Monaten und 55% nach einen halben Jahr).
„Mütter sollten nach Bedarf stillen! Anfangs ist häufiges Anlegen wichtig, etwa alle zwei Stunden, bis die Milchbildung gut etabliert ist. Eine Stillfrequenz von zehn- bis zwölfmal am Tag (24 Std) ist für gesunde Babys üblich. Die Muttermilch passt sich dabei an die Bedürfnisse des Kindes an“, ergänzt Prof. Karall. Anzeichen dafür, dass ein Baby richtig trinkt, sind hörbares Saugen und Schlucken. Ist das Baby richtig angelegt, erfasst es einen großen Teil des Brustwarzenhofes (= der Mamille). Mit etwa 15 bis 20 Minuten kräftigem Saugen an jeder Brust oder 20 bis 30 Minuten an einer Seite hat ein Baby meist genug Milch erhalten. Entspannte Arme und Hände nach dem Füttern zeigen, dass das Baby satt ist. Es kann sogar schläfrig sein oder einschlafen.
Medikamente oder eine Narkose sind im Allgemeinen KEIN Hinderungsgrund für das Stillen. Nur eine Handvoll Medikamente ist mit Stillen gar nicht vereinbar (z.B. Chemotherapie). Nach einer Narkose kann eine Mutter sofort stillen, wenn sie wach genug ist, um ihren Säugling anzulegen. Für die meisten Medikamente (z.B. Antibiotika, Schmerzmittel) ist Stillen ohne Unterbrechung möglich. Pädiater wissen meist, wo sie z.B. bei ungewöhnlichen Medikamentenkombinationen Informationen zur Stillverträglichkeit erhalten (www.embryotox.de). Sollte ein die Mutter behandelnder Mediziner sich unsicher sein oder aus mangelndem Wissen Abstillen empfehlen, ist es sinnvoll, wenn die Mutter sich selbstständig Fachinformationen einholt – auch hier ist eine Kontaktaufnahme mit einer IBCLC-Stillberaterin möglich und sinnvoll.
Kostengünstige Vorsorge für den Säugling und die Mutter
Stillen schützt das Kind u.a. vor plötzlichem Kindstod, Durchfällen, Atemwegsinfektionen und Mittelohrentzündungen und längerfristig vor entzündlichen Darmerkrankungen, Übergewicht und Typ-2-Diabetes und wirkt z.B. vorbeugend gegen Allergien und Leukämie. Für Frauen, die stillen, verringert sich u.a. das Risiko, Brustkrebs zu bekommen sowie Bluthochdruck zu entwickeln. Unabhängig davon stärkt Stillen die Bindung zwischen Mutter und Kind. „Stillen ist eine kostengünstige Form der Vorsorge und wohl die wirksamste gesundheitspräventive Maßnahme weltweit. Um die Stillraten zu erhöhen, sollten stillende Frauen und deren Partner mehr Unterstützung erhalten – sowohl durch professionelle Hilfe als auch durch das Umfeld. So sollten z.B. Frauen in der Öffentlichkeit und am Arbeitsplatz ungestört stillen können, wie es übrigens auch das Gesetz einräumt“, sagt Prof. Karall. Eine erwerbstätige stillende Mutter hat einen täglichen Anspruch auf Stillzeit von 45 bis 90 Minuten je nach Arbeitszeit. Diese Zeit gilt nicht als Ruhepause.
Die Weltstillwoche ist eine von der World Alliance for Breastfeeding Action (WABA, 1991 gegründet) ins Leben gerufene Aktionswoche, die jährlich stattfindet. WABA ist ein weltweites Netzwerk von Organisationen und Einzelpersonen, die sich für das Stillen als ein natürliches Recht aller Kinder und Mütter einsetzen.
Während die Weltstillwoche in 120 Ländern der Welt Anfang August stattfindet, hat Österreich und Deutschland dafür die erste Oktoberwoche gewählt (KW 40), da eine normale Schwangerschaft etwa 40 Wochen dauert. In dieser Zeit machen alle das Stillen fördernden Organisationen, zu denen auch UNICEF und die WHO gehören, mit verschiedenen Kampagnen auf die Bedeutung des Stillens besonders aufmerksam. Das Motto „Foundation of Life " bzw. „Stillen – Basis für das Leben“ gilt für alle Länder.
Quellen: Europäisches Institut für Stillen und Laktation, Bundesministerium Arbeit, Soziales, Gesundheit und Konsumentenschutz, Wiener Medizinische Wochenschrift, Bericht der World Breastfeeding Trends Initiative (WBTi), Newswise
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