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Wie lange Kinder ein Nickerchen tagsüber brauchen, ist individuell unterschiedlich

Tagsüber zu schlafen ist für kleine Kinder wichtig und trägt dazu bei, sich neu Gelerntes wie z.B. Wörter einzuprägen. Diese Gewohnheit verliert sich im Alter von 2 bis 5 Jahren – abhängig insbesondere von der Gehirnentwicklung des Kindes.

© sil007 - Fotolia.com

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„Es gibt wissenschaftliche Belege für die wichtige Rolle, die der Tagesschlaf für die Entwicklung von Kleinkindern spielt. Es macht Sinn, Kindern, die noch signalisieren, Tagesschlaf zu benötigen, auch die Möglichkeit dazu zu geben. Dies kann sich positiv auf das Lernen und ihr Gedächtnis auswirken“, erklärt Dr. Werner Sauseng, der die Leitung der Arbeitsgruppe Schlafmedizin und Schlafforschung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) leitet. Umgekehrt profitieren aber Kinder auch nicht mehr vom Tagesschlaf, wenn sie diesen von selbst aufgeben.

Der Hippocampus kann kurzfristig Erinnerungen speichern, bevor sie ins Langzeitgedächtnis in die Großhirnrinde (Kortex) übergehen. Der Hippocampus ist der Arbeitsspeicher des Gehirns und die Schaltstelle zwischen dem Kurz- und dem Langzeitgedächtnis. Wenn der unreife Hippocampus kleiner Kinder keine neuen Informationen mehr aufnehmen kann, bekommen Kinder das Bedürfnis zu schlafen. Denn dabei können Erinnerungen in den Kortex wandern und mehr Platz für weitere Gedächtnisinhalte im Hippocampus schaffen. Wenn der Hippocampus reif genug ist, kann er jedoch bis zum Ende des Tages Erfahrungen speichern und sie dann während des Schlafens in der Nacht zum Kortex senden.

„Neugeborene schlafen bis zu 20 Stunden pro Tag, wobei der Schlaf auf mehrere Etappen verteilt ist (mehrphasig), da sie auch häufig Nahrung zu sich nehmen müssen. Der Schlaf über Nacht beginnt sich bei den meisten Säuglingen vom Schlafen tagsüber schon kurz nach der Geburt zu unterscheiden. Aber der Schlaf verteilt sich immer noch auf 4 oder mehr Teile: Es gibt drei oder mehr Nickerchen zusätzlich zum Nachtschlaf“, verdeutlicht Dr. Sauseng, der eine kinderärztliche Ordination in Kumberg führt.

Etwa im Alter von 9 Monaten gibt es dann drei Schlafphasen, bestehend aus zwei Tagesnickerchen und dem Schlaf in der Nacht. Zwischen dem ersten und zweiten Lebensjahr verliert das Hinlegen morgens an Bedeutung und der Schlaf wird zweiphasig. Der Übergang zum Schlafmuster eines Erwachsenen mit nur einer nächtlichen Schlafenszeit entwickelt sich meist in den frühen Kindheitsjahren. Es bestehen jedoch große individuelle Unterschiede, wann ein Kind von drei Schlafphasen zu zwei wechselt (von 6 bis 18 Monaten). Noch größere Variationen gibt es von Kind zu Kind in Bezug zum Mittagsschlaf. Einige Kinder können bereits mit 2 Jahren darauf verzichten und anderen tut er bis zum Alter von 8 Jahren gut.

Anhaltende Einschlafprobleme beim Mittagsschlaf weisen evtl. auf Übergang zu Erwachsenenschlafmuster hin

Wenn ein Kind mittags häufig Probleme hat einzuschlafen, erst spät einschläft oder keine Müdigkeit oder Verhaltensauffälligkeiten zeigt, wenn es keinen Mittagsschlaf hatte, sind dies evtl. Anzeichen dafür, dass es keinen Mittagsschlaf mehr braucht. Ebenso können abendliche Einschlafprobleme ein Hinweis darauf sein. Wird ein Kind ohne Mittagsschlaf jedoch im Laufe des Tages weinerlich und launisch und schläft es abends trotz Mittagsschlaf rasch und gut ein, kann ein Mittagsschlaf noch sinnvoll sein.

Der Ratgeber Hat mein Kind Schlafprobleme?“, der von der ÖGKJ-Arbeitsgruppe Schlafmedizin und Schlafforschung erarbeitet wurde, beschreibt, wie lange Kinder in welchem Alter durchschnittlich schlafen, gibt Tipps für einen gesunden Schlaf und zeigt auf, wann Kinder vermutlich unter Schlafproblemen leiden.

Wenn Eltern befürchten, dass ihr Kind an einer Schlafstörung leidet, empfiehlt ihnen die ÖGKJ-Arbeitsgruppe Schlafmedizin und Schlafforschung, über drei Wochen lang ein Schlaftagebuch zu führen, in dem sie alle Schlafphasen ihres Kindes aufschreiben (Einschlafdauer, Schlafbedingungen und  umgebung und Aufwachzeiten). Dies sollten sie dann mit ihrem Kinder- und Jugendarzt besprechen.

Quellen: Brain Sci., ÖGKJ, DGSM, Somnologie, Proc Natl Acad Sci, University of Massachusetts Amherst/EurekAlert!
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Dies ist eine Pressemeldung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Der Abdruck dieser Pressemeldung oder von Teilen des Artikels ist unter folgender Quellenangabe möglich: www.kinderaerzte-im-netz.at. Bei Veröffentlichung in Online-Medien muss die Quellenangabe auf diese Startseite oder auf eine Unterseite des ÖGKJ-Elternportals verlinken. Fotos und Abbildungen dürfen grundsätzlich nicht übernommen werden.