Die wissenschaftliche Auswertung des Projekts SUCCEAT (Supporting Carers of Children and Adolescents with eating disorders in Austria: Unterstützung von Betreuern von Kindern und Jugendlichen mit Essstörungen in Österreich) ergab eine deutliche und dauerhafte Verringerung der psychischen Belastung in den von Essstörung betroffenen Familien. Die Ergebnisse wurden während des größten europäischen Kongresses für Kinderpsychiatrie (30. Juni bis 2. Juli) in Wien vorgestellt.
Anorexia nervosa ist eine der schwersten psychiatrischen Erkrankungen bei weiblichen Jugendlichen. Ihre Entstehung hängt von einer Reihe biologischer und genetischer Faktoren ab und muss in einem frühen Stadium behandelt werden. Dabei sind nicht nur die Patienten selbst, sondern auch das persönliche Umfeld psychischen Belastungen ausgesetzt, die den Heilungsprozess beeinflussen können.
Ein gestörter Kommunikations- und Interaktionsstil innerhalb der Familie und/oder "stark ausgeprägte Emotionen" der Angehörigen sind Teil der zahlreichen Faktoren, die die Symptome der Essstörung aufrechterhalten. Das Programm SUCCEAT (Unterstützung von Betreuern von Kindern und Jugendlichen mit Essstörungen in Österreich) zeigt, wie Interaktionen zwischen Eltern und Kindern mit der Essstörung verbessert werden können. In einem mehrjährigen Projekt unter Leitung von Andreas Karwautz und Gudrun Wagner (Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der MedUni Wien/AKH Wien) wurde das Programm in einer randomisierten kontrollierten Studie evaluiert.
Eltern von mehr als 100 Patienten wurden in Form eines 8-wöchigen Workshops oder einer Online-Intervention mit 8 Modulen einer Intervention zugeordnet. In wöchentlichen Treffen wurden Informationen zu Essstörungen und Fähigkeiten im Umgang mit kritischen Situationen vermittelt. Unter Anleitung von Kinder- und Jugendpsychiatern und psychologen konnten die Eltern das bestmögliche Verhalten in schwierigen Situationen erlernen (z.B. während gemeinsamer Mahlzeiten, beim Einkaufen oder bei übermäßigen sportlichen Aktivitäten). Während die einen Teilnehmer in Workshopgruppen mit Rollenspielen die erlernten Verhaltensweisen praktisch üben konnten, konnten sich die anderen Teilnehmer der Online-Intervention in einem Online-Forum austauschen.
"Der wichtigste Punkt zu Beginn der Workshops war zu vermitteln, dass die Krankheit ihres Kindes nicht die Schuld der Eltern ist", erklärt Andreas Karwautz, "niemand wird beschuldigt, etwas falsch gemacht zu haben. Die erfolgreiche Behandlung dieser hochkomplexen Krankheit erfordert die Mitarbeit der Eltern. Ziel der Workshops ist es, diese zu fördern und Teil der Therapie werden zu lassen." So lernen Eltern auch, Bewältigungsmechanismen, wenn sie selbst frustriert sind, und werden so zu einem Vorbild für ihre Kinder.
Abbau des krankheitsbedingten Stresses
Die Wirkung der Intervention wurde mit Hilfe eines Fragebogens bewertet. Allgemeiner und essstörungsspezifischer Stress, psychiatrische Symptome und "stark ausgeprägte Emotionen" der Eltern wurden sowohl im SUCCEAT-Workshop als auch in der Online-Gruppe signifikant reduziert. Dieser Rückgang war auf lange Sicht stabil. Die Fähigkeiten der Eltern, mit ihren essgestörten Kindern umzugehen, haben sich in beiden Gruppen signifikant verbessert. Damit war das Projekt sehr effektiv und wirkte auch für Eltern von Jugendlichen mit Anorexia nervosa therapeutisch.
Dieses Modell wurde bereits im klinischen Alltag der Universitätsklinik für Kinder- und Jugendpsychiatrie der MedUni Wien / AKH Wien implementiert. "Da auch die Online-Gruppe eine deutliche positive Resonanz zeigte, kann dieses Modell auch zu Hause absolviert und sinnvoll umgesetzt werden", erklärt Gudrun Wagner. "Wie sich die Unterstützung der Eltern auf den Heilungsprozess der jungen Patienten auswirkt, ist Gegenstand weiterer Bewertungen."
Quellen: medicalXpress, European Child Psychiatry Congress Abstracts, MedUni Wien