„Bei ihnen sind körperliche Aggressionen sowie das „Zappeln“ nicht so ausgeprägt wie bei Jungen. Innere Unruhe, andauerndes Reden, verbale Aggressionen wie Beschimpfungen sowie starke emotionale Schwankungen treten hingegen bei ihnen mehr in den Vordergrund. Diese fallen weniger ins Auge als die typischen Verhaltensstörungen bei Jungen mit ADHS. Viele ADHS-Kinder unterscheiden sich bereits im Vorschulalter von ihren Altersgenossen, vor allem durch eine starke Bewegungsunruhe sowie wenig Ausdauer im Spiel. Bei Verdacht auf ADHS bedarf es einer gründlichen Abklärung z. B. durch einen erfahrenen Kinder- und Jugendarzt, der sich auf Diagnostik und Behandlung von ADHS spezialisiert hat oder durch einen Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie und Psychotherapie“, erklärt Dr. Adrian Kamper von der Arbeitsgruppe Psychosomatik der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ).
Bei Kindern mit u.a. Entwicklungs- oder Verhaltensproblemen und Hinweisen auf Beeinträchtigungen der Aufmerksamkeit und Konzentration, bei erhöhter Unruhe oder Impulsivität sollte eine entsprechende Abklärung veranlasst werden. Auch gilt es, komorbide Störungen (begleitende Störungen/Krankheiten) zu beachten. Die Diagnose entlastet oft die ganze Familie, da diese auch lernt, damit umzugehen. Elterntraining, Verhaltenstherapie und evtl. eine medikamentöse Therapie für Kinder erleichtern den Alltag.
In der Vergangenheit erhielten mehr Jungen als Mädchen die Diagnose ADHS. Manche Untersuchungen legen nahe, dass dies teilweise auch darauf beruhen könnte, dass Mädchen nicht so deutlich erkennbare Verhaltensprobleme haben und sich besser sozial anpassen. Ohne Behandlung haben Mädchen mit ADHS so wie Jungen mehr Schul-, soziale und Beziehungsprobleme als nicht betroffene Gleichaltrige. Mit entsprechender Therapie verbessern sich diese Probleme, so auch die Schullaufbahn. Betroffene Mädchen mit ADHS tendieren dazu, Hausaufgaben oder andere Termine zu vergessen, neigen zu Flüchtigkeitsfehlern, verlegen oder verlieren leichter Gegenstände, können sich schlecht selbst organisieren, so Dr. Kamper, Facharzt für Kinder- und Jugendpsychiatrie sowie Facharzt für Kinder- und Jugendheilkunde.
Internalisierendes bzw. nach innen gerichtetes Verhalten bei Mädchen, externalisierendes bzw. nach außen gerichtetes Verhalten bei Jungen
Weltweit sind etwa 5,3% der Kinder- und Jugendlichen von ADHS betroffen. Mädchen mit ADHS richten ihren Schmerz und ihre Wut mehr nach innen. Experten und Expertinnen unterscheiden externalisierendes, d.h. nach außen gerichtetes Verhalten, und demgegenüber internalisierendes Verhalten. Ersteres betrifft generell häufiger Jungen, was sich im gemeinsamen Auftreten von ADHS und von Störungen des Sozialverhaltens zeigt.
Betroffene Mädchen haben im Vergleich zu Jungen ein erhöhtes Risiko, unter psychischen Problemen wie Depressionen, Angsterkrankungen, selbstverletzendem Verhalten (z. B. Ritzen) und Essstörungen zu leiden. Mitunter sind es die begleitenden Erkrankungen bei Mädchen, die noch vor ADHS erkannt werden.
Veranlagung und Umweltfaktoren
ADHS tritt familiär gehäuft auf. Verwandte ersten Grades haben ein doppelt bis achtfach erhöhtes Risiko, ebenfalls ADHS zu entwickeln. Frühgeburtlichkeit erhöht das Risiko, ADHS zu entwickeln. Substanzkonsum in der Schwangerschaft (wie Alkohol, Nikotin) kann neben anderen gravierenden Gesundheitsfolgen auch die Entwicklung von ADHS beim Kind begünstigen.
Weitere aktuelle Informationen rund um das Thema "Kindergesundheit" finden Sie auf der Internetseite der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) für Eltern und Interessierte, unter www.kinderaerzte-im-netz.at.
Quellen: American Academy of Pediatrics/Healthychildren.org, J Clin Med., J Child Psychol Psychiatry., Nord J Psychiatry., S3-Leitlinie ADHS, Pädiatrie, BMC Psychiatry.
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