Zur Weihnachtszeit steigt die Gefahr der Fremdkörpereinnahme bei kleinen Kindern

Um die Weihnachtszeit nehmen die Notfallaufnahmen vermehrt kleine Patienten auf, weil diese kleinteilige Weihnachtsdeko, Nüsse oder auch Bestandteile von Geschenken in den Mund gesteckt und geschluckt haben. Verschluckte oder eingeatmete Fremdkörper stellen eine besondere Gefahr für kleine Kinder dar, die gerne Neues mit dem Mund erforschen.

© Trendsetter Images - stock.adobe.com

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„Diese Unfälle können eine Krankenhauseinweisung, eine Endoskopie oder sogar eine Operation notwendig machen. Zerbrechlicher Weihnachtsschmuck - wie Glocken, Kerzen, Kugeln - kann scharfe Kanten bilden. Kleine stromförmige Christbaumlichter und Knopfbatterien können zudem zu Verbrennungen bzw. Verätzungen führen, wenn sie Kinder sich einverleiben“, warnt Ass.-Prof. Dr. Gudrun Burda, die die Arbeitsgruppe Kindernotfallmedizin der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ) leitet. 
Das Verschlucken von Fremdkörpern tritt am häufigsten bei Kindern unter 3 Jahren auf. Sie erkunden ihre Umgebung, indem sie verschiedene Gegenstände in den Mund nehmen. Bei ihnen ist zudem der schützende Kehlkopfreflex noch nicht richtig entwickelt. Auch Kinder mit geistiger Beeinträchtigung haben ein hohes Risiko. Die meisten Fremdkörper, die geschluckt werden, passieren den Magen-Darm-Trakt ohne Komplikationen, einige können jedoch stecken bleiben und Gewebe verletzen.

Schätzungsweise 3 junge Patienten/Patientinnen bis zu 15 Jahren versterben pro Jahr in Österreich, weil sie einen Fremdkörper/Nahrungsmittel verschlucken oder versehentlich einatmen. Zu diesem Ergebnis kommt eine ältere Berechnung für die Jahre 2002 bis 2010. Zwischen 2019 und 2024 ereigneten sich in Österreich vier solcher tödlichen Unfälle (ICD-Kodierung W79/W80): drei 1-jährige Kinder und ein 6-jähriges Kind. 
Fremdkörper gelangen eher in den Magen-Darm-Trakt und seltener in die Atemwege. In einer Grazer Klinik lag das Verhältnis im Zeitraum von Januar 2005 bis Dezember 2011 bei 9 (Kinderunfälle durch Verschlucken) zu 1 (Kinderunfälle durch versehentliches Einatmen von Gegenständen).

„Wenn Eltern oder andere Aufsichtspersonen einen Verdacht haben, dann sollten sie sich auch bei einem zunächst beschwerdefreien Kind umgehend an eine Ärztin / einen Arzt oder an ein Spital wenden, um ihr Kind abklären zu lassen. Denn der Zustand des Kindes kann sich rasch ändern. Durch plötzliches Weiterwandern eines Fremdkörpers können z.B. die Atemwege blockiert werden. Je länger ein Fremdkörper im Körper festsitzt, desto größer ist die Gefahr, dass Spätfolgen zu erwarten sind“, rät Ass.-Prof. Dr. Burda, die auf der Pädiatrische Intensivstation der Universitätsklink für Kinder- und Jugendheilkunde in Wien tätig ist und Kindernotfallkurse organisiert und leitet.

Mögliche Anzeichen für verschluckte oder eingeatmete Fremdkörper

Wenn ein Fremdkörper in einem Teil des Verdauungstrakts festsitzt, bekommt das Kind zunächst Schmerzen. Abhängig von der Position des Gegenstandes leiden Kleinkinder unter Brustschmerzen, vermehrtem Speichelfluss, Erbrechen. Sie verweigern die Nahrung und können husten, Blut erbrechen sowie einen blutigen Stuhl ausscheiden. Starker Husten, Würgen und Speichelfluss können auch mit einer akuten Infektion der Atemwege verwechselt werden, die bei Kindern in dieser Jahreszeit häufig auftreten. 
„Die seltenere Fremdkörperaspiration, d.h. wenn ein Fremdkörper in die Atemwege gelangt, kann lebensbedrohlich werden. Ist etwas in die Atemwege gelangt, können Beschwerden von Husten, pfeifende Atemgeräusche bis hin zu Atemnot, blaue Verfärbung des Gesichts und Atemstillstand reichen, abhängig davon, welcher Teil der Atemwege blockiert ist“, so Ass.-Prof. Dr. Burda, Fachärztin für Kinder- und Jugendheilkunde.

Faustregel beachten - Kleinteiliges kindersicher positionieren

Als Faustregel kann gelten: Objekte, welche durch die Rolle einer Toilettenpapierrolle passen bzw. mit einem Durchmesser von ca. 3 cm sind für Kleinkinder nicht geeignet.

Für Weihnachten empfiehlt es sich u.a., den Christbaumschmuck weiter oben, außerhalb der Reichweite von Kleinkindern aufzuhängen. Eine Barriere um den Christbaum kann verhindern helfen, dass Kinder sich etwas vom Baum angeln können, z.B. ein Babygitter oder ein dekorativer Zaun um den Christbaum. Bruchsichere Ornamente verringern das Risiko von Scherben. Spielzeug mit ablösbaren Kleinteilen ist ebenso für Kleinkinder als Geschenk ungeeignet. Leicht zugängliche Knopfzellenbatterien bergen die Gefahr, dass ein Kind diese entnimmt und verschluckt. Eine verschluckte Batterie kann schwere Gewebeschäden verursachen, die lebensgefährlich sein können. Magnete können beim Verschlucken den Bauch verletzen. Ein einzelner Magnet geht meistens durch den Magen und Darm durch, aber zwei oder mehr können Darmschlingen aneinander „heften“ und zum Durchbruch (Perforation) führen. Lange Kabel können Kinder strangulieren. Auch Adventsteller mit Nüssen gehören an eine sichere Stelle.

Kann ein Kind einen Fremdkörper nicht aushusten, muss sofort der Notruf 144 getätigt werden. In einem Erste-Hilfe-Kurs können Eltern lernen, welche Maßnahmen sie selbst ergreifen können – abhängig davon, ob eine komplette oder inkomplette Okklusion der Atemwege vorliegt (völlige Blockade der Atemwege oder teilweise).

Quellen:

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Dies ist eine Pressemeldung der Österreichischen Gesellschaft für Kinder- und Jugendheilkunde (ÖGKJ). Der Abdruck dieser Pressemeldung oder von Teilen des Artikels ist unter folgender Quellenangabe möglich: www.kinderaerzte-im-netz.at. Bei Veröffentlichung in Online-Medien muss die Quellenangabe auf diese Startseite oder auf eine Unterseite des ÖGKJ-Elternportals verlinken. Fotos und Abbildungen dürfen grundsätzlich nicht übernommen werden.